Die steigenden Mieten stellen viele Menschen in Deutschland vor Herausforderungen. Die Forschungsstelle des Paritätischen Gesamtverbands gab an, dass 21 Prozent der Bevölkerung nach Abzug von Miete, Kreditzinsen und Nebenkosten ein verfügbares Einkommen im Armutsbereich hätten. Viele Haushalte verwendeten mehr als ein Drittel ihres Einkommens für die Wohnkosten. Die rot-grüne Minderheitsregierung hatte sich im Oktober auf eine Verlängerung der Mietpreisbremse – die schon Teil des Koalitionsvertrags der Ampelregierung war – bis Ende 2029 verständigt. Unterstützt wird der Kompromiss von dem Deutschen Mieterbund und dem Städtetag, eine Mehrheit im Bundestag ist jedoch nicht wahrscheinlich.
Während die Mietpreisbremse ein auf Bundesebene beschlossenes Gesetz ist, das in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt greifen soll, handelt es sich bei dem Mietendeckel um ein Berliner Landesgesetz. Der Sozialwissenschaftler Andrej Holm befasst sich am 6. Februar in einer Online-Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit der Frage, inwiefern ein bundesweiter Mietendeckel umsetzbar und ein geeignetes Instrument gegen die Mietbelastung ist.
In einer im Januar 2025 erschienenen Broschüre mit dem Titel „Schöner Deckeln“ entzaubert Andrej Holm einige Mythen über den bundesweiten Mietendeckel. So wird teils argumentiert, dass das deutsche Mietrecht, das im internationalen Vergleich als mieterfreundlich gilt, Mieter:innen schon genügend schütze und ein Mietendeckel verfassungswidrig sei. Laut Andrej Holm gäbe es in Deutschland zwar einen hohen Kündigungsschutz, jedoch unzureichenden Schutz vor Steigerungen der Bestand- und Neuvermietungsmieten. Auch einen verfassungswidrigen Eingriff in das Eigentumsrecht sieht Holm nicht. Trotz eines Urteils des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts im April 2021, der den Berliner Mietendeckel für unzulässig erklärte, sei eine Begrenzung der Mieten auf Bundesebene nicht nur möglich, das Gericht fordere in seiner Erklärung sogar genau hier rechtliche Regelungen. „Die Androhung einer Verfassungsklage ist immer ein guter Indikator dafür, dass ein Instrument tatsächlich die Profitmaximierung bedroht“, meint Holm. Auch das Argument, ein Mietendeckel verhindere Neubauten, hält er für ein Ablenkungsmanöver: Ignoriert würden hier oftmals der Fachkräftemangel und gestiegene Materialkosten. Auf diese und weitere Mythen wie die angebliche Sozialunverträglichkeit und Klimaschädlichkeit eines Mietendeckels geht Holm bei seiner Veranstaltung ein.
Sind die Mieten noch zu bremsen? | Do 6.2. 18 Uhr | Online-Veranstaltung (Rosa-Luxemburg-Stiftung) | www.rosalux.de
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