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Foto: Alec Hallmann

Eine wundersame Reise nach Fernost

09. Januar 2013

Was einem der Reiseführer über Thailand nicht verrät – Ungeschminkt 01/13

Stellt euch vor, ihr brecht früh am Morgen zum Markt auf, besorgt eure Wochenrationen an frischem Obst, Gemüse und stöbert ein wenig beim Trödelhändler. Mittlerweile ist es später Vormittag und ihr macht euch auf den Heimweg, doch plötzlich blockiert ein Riesenarsch den Bürgersteig! Die Straße ist gut befahren und keine Ampel in Sichtweite, also quetscht ihr euch am Hindernis vorbei. Warum musste jemand seinen Elefanten auch ausgerechnet auf dem Fußgängerweg parken? Während man nun in Deutschland vermutlich das Mobiltelefon zücken und den amtlichen Tierschutz über den Wege versperrenden Dickhäuter informieren würde, ist dies in anderen Ländern purer Alltag. Ob sie nun einfach Sachen durch die Stadt transportieren oder von schaulustigen Kindern gefüttert werden, in Thailand gehören Elefanten dazu. Was aber nicht heißt dass sie sich benehmen würden – oder öfters duschen.

Ein rundes Jahr verbrachte ich im „Land des Lächelns“, wie es so schön genannt wird, bekannt für seine schönen weißen Strände, aufdringlichen Taxifahrer, allerlei merkwürdigen Früchte und beeindruckenden Tempelanlagen. In der tropischen Hitze kann man all dies bestaunen, zumindest wenn man die Massen an bleichgesichtigen Touristen, fettleibigen Strandbesetzern und notgeilen Puffgängern auszublenden vermag. Wer keine Kontakte hat oder diverse geheime Plätze kennt wird dem stets anwachsenden Massentourismus letztlich nicht entfliehen können. Vor allem da er sich bereits in die Nationalparks, sakralen Stätten und gar in die traditionell gehaltenen Bergdörfer ausweitet. Aber nicht Teil dieser Masse zu sein und trotzdem die Pracht dieses mystischen Landes mitzuerleben ist für Außenstehende seiner Kulturen beinahe unmöglich. Die atemberaubende einheimische Tierwelt bleibt selbst den Thailändern verborgen, wenn sie sich nicht an einen der ansässigen Reiseveranstalter wenden, mal abgesehen von Elefanten.

Ein Großteil der dortigen Fauna wird in Nationalparks verschlossen gehalten, um sie einerseits vor der sich ausbreitenden Industrie zu schützen und um sie leichter vor die Kamera zu zerren. So zum Beispiel in Khao Yai, im Zentrum des Landes. Diese Praxis klingt vielleicht unmoralisch, aber wenigstens erschießt man nicht wie bei uns jeden wilden Bären. Auch versucht man in Thailand nicht meterhohe Zäune zwischen Mensch und Tier zu errichten, sondern drückt einem gleich eine Banane in die Hand. Wer dabei dann gebissen wird sollte nochmal darüber nachdenken, warum man sie „wilde“ Affen nennt. Die Verantwortung für sich selbst ist wohl eine der wichtigsten Erfahrungen, die ich aus meinen Abenteuern mitgenommen habe, wie etwa die Erkenntnis nicht zu nah an einen Wasserfall heranzutreten, wenn der Führer einem gerade geschildert hat, wie manchmal sogar Elefanten von der Strömung hinab gerissen werden.

Am Ende eines ereignisreichen Tages kann man so behaupten Affen gefüttert, Krokodilen nachgespürt und sich Schildkröten auf den Kopf gesetzt zu haben, doch das eigentliche Abenteuer erwartet einen in den Städten Thailands. Wenn man nicht gerade aus einem anderen fernöstlichen Land stammt, ist eine Identifizierung als Ausländer keine große Schwierigkeit. Und damit verbunden auch die Aufmerksamkeit auf den Märkten. In Thailand lautet die Devise: Wer Geld hat um hierher zu kommen, hat auch Geld um unnützes Zeug zu kaufen. Daher gibt es an dieser Stelle einen kleinen Tipp: Alles ist Verhandlungssache! Wenn man nicht gerade in einer Mall einkauft, die, nebenbei erwähnt, Temperaturen annehmen, dass sich Pinguine einnisten könnten, lässt sich immer feilschen, selbst als Ausländer. Auch werden einem an den wichtigen Punkten, wie etwa Bahnhof, Hotel und Sehenswürdigkeiten, jeden halben Meter Taxi- und Tuktukfahren entgegenspringen. Und selbst wenn man den drei ersten eine klare Absage erteilt hat, so wird auch der vierte auf sein Glück hoffen. Eine kleine Einführung ins Thailändische vor seiner Reise kann also nicht schaden, ob man sich dann dafür entscheidet beständig höflich zu bleiben oder doch irgendwann mal mit einem „Nein Danke, du Hundesohn!“ zu antworten (Mai Ao, Lukmaa für alle die es wissen wollen), bleibt euch überlassen. Letztere Variante wird so einige entsetzte Blicke auf euch ziehen, aber auch einen gewissen Respekt.

Wenn ihr euch dann mit T-Shirts voll unsinniger Sprüche, Dekorationen und Wurfmessern, die ihr ohnehin wieder am Zoll los werdet, eingedeckt habt, meldet sich auch euer guter Freund: der Magen. Restaurants im Hotel sind erfahrungsgemäß eher teuer, während Imbisse und Restaurants an jeder Straßenecke stehen, doch Vorsicht ist geboten. Die berüchtigte Schärfe des Thai-Essens ist kein Gerücht und nicht überall wird darauf auch hingewiesen, manch hinterhältiger Thai wird behaupten die kleinen grünen Schoten schmecken nach Schokolade. Eine verbrannte Zunge kann einem schon die ganze Nacht versauen. Ein Abend kann in etwa so aussehen: Ich suche mir auf der Speisekarte etwas vermeintlich Schmackhaftes raus, bestellt wird dann vom Gastgeber. Wir essen nicht jeder für sich, sondern jeder kann sich von allem etwas auf seinen Teller packen. Auffällig ist, dass immer wenn sich mein Glas oder mein Teller leert, er sich klammheimlich wieder füllt. Ein leeres Glas signalisiert nämlich: Ich möchte noch mehr. Das Einschenken erfolgt durch meinen Nachbarn oder die Kellner. Wer also satt ist sollte einen kleinen Rest im Glas bzw. auf dem Teller lassen.

Nächtliche Peinigung erfolgt durch die lokalen Mückeninvasionstruppen, deren liebstes Ziel natürlich Ausländer sind. Wann bekommt man in den paar Monaten Lebenszeit schon die Gelegenheit einen echten französischen Tropfen zu kosten? Schlafnetze und Mückenspray halten einen Großteil der Biester fern, wer aber ohne Stiche davon kommt macht definitiv etwas falsch. Neben Mücken treiben sich selbstverständlich auch andere unliebsame Besucher herum. Man hört von hochgiftigen Spinnen, die arglos mit dem Besen verdroschen werden. Und die auf der Straße lebenden Hunde machen mit ihren halb abgetrennten Gliedmaßen und unzähligen Bisswunden auch nicht den friedlichsten Eindruck. Durchaus möglich, aber so wahrscheinlich als dass bei uns ein Schaf im Vorgarten auftaucht, ist die Begegnung mit einer Schlange. Nach eigener Erfahrung empfiehlt es sich nicht immer Einheimische um Hilfe zu bitten. An dieser Stelle ein kleiner Ratschlag: Mückenspray ist KEIN Mittel gegen Reptilien, selbst wenn man es ihnen in die Augen sprüht! Und wenn sich selbst der Wachhund lieber unter dem Auto versteckt ist eine Provokation nicht empfehlenswert.

Nicht immer aber muss das Aufeinandertreffen von Tier und Mensch in derlei Konflikten enden. Beispielsweise leben in den Bergen des ehemaligen Siam Bergdörfer in friedlicher Harmonie mit den dortigen Elefantenherden. Zusammen ziehen sie ihre Kinder groß, helfen bei der Ernte und waschen sich im Fluss. Dass dies auch zur Touristenattraktion wurde war natürlich unaufhaltsam. Das Lustige am Besuch der erwähnten Dörfer ist jedoch dass ich hier selbst zur Attraktion wurde. Am Ende einer steilen und erschöpfenden Wanderung, das Hemd verschwitzt, die Hosen verdreckt und der Wasservorrat fast leer, wenn wir durch so ein Dorf ziehen, zieht man an vielen Ecken neugierige Blicke an, meist von schüchternen Kindern. Zwar fand kein reger Austausch zwischen den verschiedenen Zivilisationen statt, aber von den ansässigen Lehrkräften und Kindern wurden Stücke einstudiert, die den Besuchern dann am Abend vorgespielt wurden. Da man auch hier möchte, dass von den Touristen etwas, also Geld, im Dorf bleibt, veranstaltet man einen kleinen Markt mit Sachen, die, natürlich, alle per Hand von den Frauen des Dorfes hergestellt wurden. Am nächsten Morgen gab es dann selbstverständlich einen Elefantenritt nach Hause.

Auf einer Thailandreise darf der Strandurlaub nicht fehlen. Im Gegensatz zur stets eiskalten Ostsee herrschen hier nämlich tatsächlich Plusgrade im Wasser. Und man versteht auch endlich den Begriff "Blau wie das Meer", wenn denn ein Meer zu sehen ist. Wer auf dem Touristenmagneten Phuket gleich zum erstbesten Strand rennt, droht mit allerlei Gleichgesinnten zu kollidieren. Generell scheint der Anteil an thailändischer Bevölkerung dort zwischen 10 und 20 Prozent zu liegen, was auch für die ungewöhnlich hohe Anzahl an Fastfoodbuden mit "originalen Schnitzel und Wurstchen" spricht. Warum nochmal mache ich hier Urlaub? Doch nicht etwa um der guten deutschen Küche zu entgehen!

Lieber pflege ich da meine paar Kontakte und begebe mich an die weniger bekannten Plätze, die zwar entsprechend wenig Unterhaltung bieten, doch dafür saubere, und vor allem sichtbare, Strände sowie Ungestörtheit versprechen. Solche findet man dann in Chumporn, Nakhon Si Thammarat oder Krabi. Auch darf man mehr von der Gastronomie erwarten. Frittiertes Hühnchen, Tempura oder eine berühmte Tom Yam-Variante bei einer frischen, salzigen Brise im Sonnenschein muss kein Wunschdenken sein.

Wer bevorzugt die Städte unsicher macht, findet in der Khao San-Road die perfekte Ausländermeile, quasi ein exterritoriales Gebiet des Westens. Wenn ihr doch mehr Freude an Kultur habt, so finden sich neben den stets überfüllten Haupttempeln auch viele kleine in der Stadt verstreut, und jeder hat seine eigene kleine Geschichte. Für gewöhnlich finden sich nahe der Zentren und Hotelanlagen Orte, wo die weltweit bekannte Thai-Massage praktiziert wird. Und wer jetzt an Handentspannung denkt, darf sich geohrfeigt fühlen. Wessen Kenntnisse des Thai ausreichen stellt fest, dass die in englischer Sprache notierten Preise etwa drei- bis zehnfach so hoch sind, wie die in thailändischen Lettern. Gerne darf man versuchen dieser leicht ,rassistischen‘ Maßnahme entgegenzutreten, in manchen Fällen klappt es, und den Preis für „Thai People“ zu zahlen.

Wer also schon immer mal in einen Elefantenarsch reinrennen wollte, für den ist eine Reise nach Thailand absolute Pflicht!

ALEC HALLMANN

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