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„leonce + lena in the box“
Foto: www.photograephin.de

Eine Heimat für den liebenswerten Trash

30. Mai 2018

Schräges beim Fringe Recklinghausen – Prolog 06/18

Eine Bühne, die nur aus weißen Requisiten besteht. Ein Mini-Steelcage, das ist die Welt für Büchners „Leonce und Lena“ wie sie die Berliner Performerin Bridge Markland sieht, er Jammerlappen am Hofe, sie von ganz weit draußen. Mal ist der Mensch die Puppe, mal umgekehrt. Nach „faust in the box“ beim Fringe Festival 2014 brilliert sie jetzt mit Georg Büchners einziger Komödie, die im Königreich Popo spielt und zwischen Robots und Drogenexzessen so aber auch gar nichts von Harry und Meghan hat, obwohl auch da eine Heirat das letzte Glück verspricht. Und – der Soundtrack bei „leonce + lena in the box“ ist mit Sicherheit besser als bei den Windsors.

Die Frage ist, wo kann der freaky Zuschauer das tatsächlich sehen? Im Zelt des Fringe Festivals in Recklinghausen natürlich, auf dem grünen Hügel, bei Sonne und Regen, mit oder ohne Kaltgetränk.  Das Off-Festival der Ruhrfestspiele wurde 2005 in Anlehnung an das berühmte Fringe Edinburgh, der „Mutter aller Fringe Festivals“, ins Leben gerufen. Seitdem ist es fester Bestandteil des Programms und – sind wir mal ehrlich – auch ein Faktor bei der Etablierung neuer Knaller, die aus dem Modernen Zirkus kommen, die neue Tanzperformances, schräges Figurentheater oder gleich energetisches Physical Theatre zeigen. In diesem Jahr werden sogar die Tennisplätze zur neuen Spielstätte neben dem café mondial unter den alten Bäumen. Hier machen Künstler und Ensembles aus 14 Ländern Dampf für die heimatliche Festivalatmosphäre in Recklinghausen 2018. Passendes Motto: Heimat.

Der Juni ist für die internationale Offszene der wichtigste Monat bei den Ruhrfestspielen. Ihre neuen kreativen Bühnen-Schöpfungen und faszinierenden Musik-Produktionen lassen das Zelt beben oder nachdenklich zittern wie bei „Transit Cabaret“. Die belgische Compagnie des Six Faux Nez reist bereits seit über 20 Jahren mit ihren poetischen Arbeiten um die Welt. In Recklinghausen zeigen sie die Reise eines Paares in ein besseres Leben; mit einfachsten Mitteln wird die Geschichte erzählt wie ein Stummfilm und ist angelehnt an den Chaplin-Klassiker „The Immigrant“. Richtig ab geht’s dagegen bei LongJohn. Das interdisziplinäre Ensemble „Der weiße Knopf“ verbindet auf der Bühne Comedy, Tanz, Akrobatik und Multimedia. Freestyle-Theater nennt man das. Geräusch- und Sprachsamples aus etlichen Western-Filmen bilden den Soundtrack für eine Sergio-Leone-Parodie-Vision am prasselnden Lagerfeuer: Der Zuschauer stelle sich vor, er käme nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause und verwandelte sich beim Staubsaugen plötzlich in einen Cowboy. Nicht möglich, denken Sie? Frank ist es passiert. Unverhofft im Wilden Westen, muss er mit grimmigem Blick knarzende Saloon-Türen aufstoßen und durch die Prärie reiten, obwohl – zu sagen hat er da nichts, aus seinem Mund sprechen die Filmstimmen berühmter Westernhelden und die erste Prügelei lässt auch nicht lang auf sich warten. Zwischen rauen Schurken, einsamen Wölfen und mutigen Sheriffs muss Frank seinen Weg nach Hause finden. Oder nicht?

leonce + lena in the box: 12.-15.6. 19 Uhr, 16.6. 15 Uhr | Transit Cabaret: 12.-15.6. 21 Uhr, 16.6. 17 Uhr | Longjohn: 29.5.-2.6. 21 Uhr, 3.6. 19 Uhr | Fringe Zelt, Recklinghausen | www.ruhrfestspiele.de | 02361 921 80

PETER ORTMANN

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