Pathos und Witz vereinigen sich auf drei Etagen. Gleich zu Beginn muss der Besucher an einer großen Masse Bronze vorbei. Danach gilt es der Überforderung standzuhalten: Das Museum Ludwig in Oberhausen feiert sein 20-jähriges Bestehen mit einer Mega-Ausstellung über Gesten, die das Haus mit Kunst zwischen Jubel, Dank und Nachdenklichkeit füllt.
Die Bronzeplastik im Eingangsbereich stammt von Wolfgang Mattheuer. „Der Jahrhundertschritt“ (1984/85) ist eines der bedeutendsten Arbeiten, die in der ehemaligen DDR geschaffen wurden und eigentlich eine Geste für die Unbill des 20. Jahrhunderts ist. Allein um die in ins Museum zu bringen, mussten Wände entfernt werden. Auch die weiteren mehr als 150 Werke von gut 90 Künstlern beinhalten einen offensichtlichen Zeichenkodex, der mehr oder minder entschlüsselt werden kann oder, wie bei Ottmar Hörls Kunststoff-Zwergen (1998-2012), so offensichtlich ist, dass es fast weh tut.
Da die Bilder und Skulpturen von der Antike bis in die Gegenwart entstanden sind, kann der Besucher auch sehr fein unterscheiden, wie sich das Gestische im Laufe der Zeit verändert hat, mehr in den Vordergrund getreten ist, die eigentliche Bildidee wurde. Und wer hätte gedacht, dass die typische „Wo lasse ich meine Hände“-Raute der Bundeskanzlerin vom Altar des unbekannten Meisters des Sinzinger Kalvarienberges aus dem 15. Jahrhundert stammt, wo wohl auch der Heilige Johannes nicht wusste wohin mit seinen Fingern. Natürlich wird auch das Sammlerehepaar Irene und Peter Ludwig gewürdigt, aus deren Sammlungsbestand viele der Werke stammen. Ihre Portraits von Gottfried Helnwein hängen deshalb zu Recht an zentraler Stelle. Auch Bernhard Heisig hat den Sammler portraitiert, mit großer Geste natürlich. Acht Überschriften versuchen die Masse an zwei und dreidimensionalen Bildnissen zu kanalisieren, darunter auch Porzellan und Tongefäße. Und so ist die Zuordnung notwendig, aber vorsätzlich nicht immer glücklich, wo gehört nun Gerhard Richters Mutter und Tochter (Öl, 1965) eigentlich hin? Und welcher Gestus wird dort transportiert? Entscheiden Sie bitte selbst.
Die Geste | bis 13.1.19 | Ludwiggalerie Schloss Oberhausen | www.ludwiggalerie.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Nudel, Mops und Knollennase
Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Ruhrkunst 03/25
„Keine klassischen Porträtfotografien“
Kuratorin Kerrin Postert über „UK Women“ in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Sammlung 06/24
Auf nach Phantásien!
Illustrationen zu Michael Endes Geschichten in Oberhausen – Ruhrkunst 10/23
Wege der Landschaftsdarstellung
Sven Drühl in Oberhausen – Kunst 08/23
Steinewerfer auf der Leiter
Barbara Klemm in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Kunstwandel 03/23
„Wir leisten hier echte Pionierarbeit“
Christine Vogt über die Preußler-Ausstellung in Oberhausen – Sammlung 08/22
„Es geht um den künstlerischen Seitensprung“
Comic-Experte Eckart Sackmann über die Ausstellung „VINYL!“ in Oberhausen – Sammlung 01/22
Flaneure vor Industriekulisse
Rudolf Holtappel in Oberhausen – Ruhrkunst 07/20
Skulpturen für alle
Jacques Tilly in Oberhausen – Ruhrkunst 03/20
„Sie hatte das Talent, die Leute zu lösen“
Museumschefin Christine Vogt zur Ausstellung über Linda McCartney – Sammlung 01/20
Jede Augenbraue einzeln frisieren
Hollywood Icons in der Oberhausener Ludwiggalerie – Kunstwandel 07/19
Pop Art mit Musik
Sammlung Heinz Beck in Oberhausen – Kunst 05/19
Nachtspaziergang im Keller
„Light-Land-Scapes“ in Unna – Ruhrkunst 07/25
Viel zu tun
RUB-Sammlungen im MuT Bochum – Ruhrkunst 07/25
„Der Beton ist natürlich sehr dominant“
Die Kurator:innen Gertrud Peters und Johannes Raumann zu „Human Work“ in Düsseldorf – Sammlung 07/25
Die „Zweite Schuld“ der Justiz
Ausstellung zur NS-Vergangenheit des Bundesjustizministerium im Bochumer Fritz-Bauer-Forum – Ausstellung 06/25
In der Kunstküche
„Am Tisch“ und Medienkunst im Dortmunder U – Ruhrkunst 06/25
Women first!
Judy Chicago in Recklinghausen – Ruhrkunst 06/25
Gegen den Strom
Dieter Krieg im Museum Küppersmühle – kunst & gut 06/25
„Moderne Technologien werden immer relevanter“
Die Leiterin der Kunstvermittlung des ZfIL Unna, Christiane Hahn, über die neue Jahresausstellung – Sammlung 06/25
Geschichten einer Leidenschaft
Oskar Kokoschka mit den Porträts von Alma Mahler in Essen – kunst & gut 05/25
Bewegung und Berührung
Eva Aeppli und Jean Tinguely in Duisburg – Ruhrkunst 05/25
Einflüsse verschmelzen
Nadira Husain im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 05/25
„Der Zweifel ist wach zu halten“
Direktor Nico Anklam über die Ausstellung der Ruhrfestspiele 2025 in der Kunsthalle Recklinghausen – Sammlung 05/25
Muster im Dunkeln
„Holding Pattern“ im Dortmunder U – Ruhrkunst 04/25