Graue Metall-Stellagen, im Hintergrund räkeln sich zwei Promotion-Protagonisten für den falschen Energy Drink „No Bull“, der performativ vom Belgier Pieterjan Ginckels und seinen Leuten inszeniert wird. Hier soll es also subversiv zugehen, doch umstürzlerisch sieht das erst einmal nicht aus, eher wie ein Amazon-Depot auf dem Dorf. Dennoch, die Szenerie befindet sich im Düsseldorfer NRW-Forum und das Museum zeigt die Gruppenausstellung „Subversives Design“. Die assoziiert ihren Titel mit gezielter Unterwanderung und will bestehende Ordnung und System im um sich greifenden Konsumrausch hinterfragen. Also hinein in den merkwürdigen Verkaufstempel, immer verfolgt vom Werberoboter, der pinke Balenciaga Platform Sandals (2018) feilbietet – soll heißen Gartenschuhe mit Plateausohle.
Neben lustigen Gimmicks wie unbenutzbarem Besteck oder sinnentleertem Geschirr spielt Mode eine bedeutende Rolle. Nicht nur der schicke „Bethandschuh“ (2020) von Liora Epstein – ein speziell gefütterter Handschuh, 80 Prozent winddicht, wasser- und schmutzabweisend –, der Beten-to-Go endlich möglich macht, sondern auch die Label „Enfants Riches Déprimés“ (reiche deprimierte Kinder) von Henri Alexander Levy, der mit seinen martialischen T-Shirts und Pullovern die kreative Szene in LA und Paris „beglückt“. Provokation als Marketing-Modell. Lonsdale war gestern, heute trägt man die „Columbine“-Highschool auf dem teuren Merinowolle-Pulli. Das nennt sich dann Punk-Einflüsse, mit Vivian Westwood hat das natürlich nix zu tun. Ganz anders konnotiert sind die Kleidungsstücke des Modelabels „Dead White Men’s Clothes“ von Designer Jojo Gronostay. Der Terminus stammt vom ghanaischen Begriff „Obroni Wawu“ – als die Ghanaer in den 1970er Jahren dachten, dass die gute Secondhandkleidung aus dem Westen nur von Verstorbenen stammen könnte. Gronostay hat nun diese Kleidung auf dem Kantamanto Markt in Accra zurückgekauft und mit dem Label-Aufdruck oder „DWMC“ in Europa wieder in teure Einzelstücke verwandelt. Mir gefällt’s. Am Ende des Weges liegt die Aufenthaltsraum-Installation von Max Siedentopf, und da ist nicht nur ein großes Schwert an der Wand neben den Messern, es hängen auch Kondome an der Pinnwand! Subversives Design halt.
Subversives Design | bis 22. Mai | NRW-Forum Düsseldorf | 0211 56 64 27 49
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