Wer gerne auf der Suche nach den Geistern der Vergangenheit ist, der kann immer noch mit dem Neun-Euro-Ticket nach Herne und dort ins LWL-Museum für Archäologie fahren, um die Sonderausstellung „Stonehenge – Von Menschen und Landschaften“ auf sich wirken zu lassen. Die monströsen Steinbrocken der rund 5.000 Jahre alten britischen Kultstätte sind lasertechnisch exakt nachgebildet, der innere Kreis maßstabsgerecht installiert. Dazu gibt es eine Lichtinszenierung, die den authentischen Tagesverlauf der Sonne nachbildet.
Schon beim Eintritt in die recht große Ausstellungshalle wird man audiovisuell eingestimmt in die damalige Vegetation und Tierwelt, in Vitrinen liegen die ersten Steinwerkzeuge als Repliken, durch eine Öffnung in der Wand kann man die braunen Monolithen bereits erahnen. Schnell wird auch klar, dass das berühmte Monument kein Solitär war, sondern bereits Vorläufer und Pendants in der ganzen Ebene von Salisbury hatte.
In Woodhenge (entdeckt in den 1920ern), ein riesiger Holzpfostenkreis drei Kilometer nordöstlich von Stonehenge, beobachteten die Altvorderen auch die Sommersonnenwende. Nördlich davon liegt gleich das Superhenge „Durrington Walls“ mit monumentalen Pfostenkreisen und Siedlungsspuren –war also richtig was los auf der Insel.
Mein Highlight der Ausstellung ist nicht aus Stein, sondern eine Vitrine etwas abseits der mächtigen Kreisanlage. Fast versteckt zeigt sie die ausgegrabenen Utensilien des sogenannten Bush Barrow Man, die in seinem Grabhügel in Wilsford gelegen haben. Sein Dolch, gerade mal 4.000 Jahre alt, besaß goldene Zierstifte, für die ich meine Lesebrille aufsetzen musste, um sie zu betrachten. Fragen sie nicht, wer die millimetergroßen Stückchen ohne Mikroskop gefertigt hat, Außerirdische waren es sicher nicht, die Fachwelt geht von kleinen Kindern mit sehr gutem Sehvermögen aus.
Aber die Geister der Vergangenheit streifen auch durch Westfalen. Die umfangreiche und faszinierende Ausstellung thematisiert die Megalith-Kultur um uns herum. Auch da gab es vor ein paar Tausend Jahren schon Höhepunkte beim Gräberbau. Im Norden findet man die Großsteingräber der Trichterbecher-Gemeinschaften, im Süden und Osten stemmten die Wartberg-Gemeinschaften die Steinbrocken. Mit Industriekultur hatte das aber nix zu tun.
Stonehenge – Von Menschen und Landschaften | bis 25.9. | LWL-Museum für Archäologie, Herne, | 02323 94 62 80
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Weg war das Böse eigentlich nie
Pest-Ausstellung in Herne – Kunstwandel 04/20
„Welche Auswirkungen hatte die Pest auf die Gesellschaft?“
Stefan Leenen über „Pest!“ im LWL-Museum für Archäologie – Sammlung 09/19
Einarmiger Bandit zum Überleben
Die Revolution der Jungsteinzeit in Herne – Kunstwandel 08/17
„Die Grundlagen für unser heutiges Leben“
Ausstellung „Revolution Jungsteinzeit“ am LWL-Museum für Archäologie in Herne – Sammlung 06/17
Der Affenkopf im Ziegelstein
Grandiose Nationalschätze aus Vietnam in Herne – Ruhrkunst 01/17
Faustkeil aus dem Bombentrichter
„Schätze der Archäologie Vietnams“ in Herne – das Besondere 10/16
Tabus und Visionen
Kunstvorschau: Homosexualität_en, Futuristisches Manifest und Handpuppen
Salz-Bergbau noch ohne Dixi-Klo
„Das weiße Gold der Kelten“ im LWL-Museum für Archäologie in Herne – Kunstwandel 09/14
Der Kristallschädel-Krimi
„Schädelkult“-Ausstellung im LWL-Museum für Archäologie Herne – Kunstwandel 02/13
„Reaktionen auf Architekturen der Unterdrückung“
Museumsdirektor Nico Anklam über Ângela Ferreiras Kunst in Recklinghausen – Sammlung 06/23
Kompatibel mit Museum
Rafaël Rozendaals NFTs in Essen – Ruhrkunst 05/23
Musikalischer Dadaismus
Nam June Paiks „I expose the Music“ in Dortmund – Kunstwandel 05/23
Alle mal spielen!
Takako im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 05/23
„Alles entsteht vor Ort, man muss einfach nur kommen“
Britta Peters von Urbane Künste Ruhr über „Ruhr Ding: Schlaf“ – Sammlung 05/23
Abstraktion als Sprache der Gegenwart
Nicht Einzel- sondern Kontextausstellung: Barbara Hepworth in Duisburg – kunst & gut 05/23
Kunst kommt zum Publikum
bobiennale vom 11 bis 21. Mai in Bochum – Festival 05/23
Was uns die Algen singen
Stolzer & Rütten im Dortmunder U – Ruhrkunst 05/23
Gegenständliche Erinnerung
„Sechzehn Objekte“ in Essen – Kunst 04/23
Mit französischem Blick
„Hände weg vom Ruhrgebiet!“ im Essener Ruhr Museum – Kunstwandel 04/23
Weltreise digital
Daniela Comani im Museum Folkwang – Ruhrkunst 04/23
„Crème de la Crème der Popkunst“
Regina Selter und Rudolf Frieling sprechen über Nam June Paik – Sammlung 04/23
Die anderen Werke
Sammlungspräsentation im Osthaus Museum Hagen – kunst & gut 04/23
Brechung und Abstraktion
„Die Befreiung der Form“ in Duisburg – Kunst 03/23
Steinewerfer auf der Leiter
Barbara Klemm in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Kunstwandel 03/23
„Bakterien passen sich schneller an neue Umgebungssitationen an“
Kuratorin Inke Arns über die neue Ausstellung des HMKV im Dortmunder U – Sammlung 03/23