Das Beuys-Jubeljahr ist vergangen und doch hallt die Präsenz des Fluxus-Meisters (1921-1986) weiter nach. In Bedburg-Hau im Museum Schloss Moyland ist dies besonders spürbar, denn hier lagert das Joseph Beuys Archiv. In Wechselausstellungen wird der zeitgenössischen Wirkung des Werkes Beuys’ hier Raum gegeben. Das ist nach der Ausstellung „Joseph Beuys und die Schamanen“ nicht anders. Unmittelbar danach werden unterschiedliche aktuelle Positionen heutiger Künstlerinnen und Künstler gezeigt, die Impulsen schamanischen Denkens und Handelns in ihrem Schaffen nachgehen. „Schamanismen in der zeitgenössischen Kunst“ heißt der Parcours im Museum, der sechs ost-westliche Positionen der spirituellen Kunst miteinander verbindet.
Im ersten Raum ist eine Objektinstallation aus Fischlederfiguren von Anatol Donkan zu sehen. Er gehört zur sibirischen Ethnie der Nanai, die am Fluss Amur vom Fischfang lebt. Donkan beschäftigt sich auch wissenschaftlich mit dem Schamanismus. 20 „Götter“-Figuren treiben da auf schwarzen Eisschollen durch den Raum – der in Bayern lebende Künstler hat sie dafür mit Fett gefüttert.
Der zweite Raum gehört dem Briten Marcus Coates – mit zwei ungewöhnlichen Videos. 2006 erregte der Performer und Ornithologe in Norwegen mit seiner Ritual-Aktion „Radio Shaman“ internationale Aufmerksamkeit. Was würden Sie sagen, wenn Sie abends an einer Straßenecke einem Hirsch mit zwei toten Hasen in der Hand begegneten?
Unen Enkh aus der Mongolei baut seine assoziativen Ritualobjekte aus Filz, Draht und Pferdehaar. Der Betrachter versucht die filigranen Formen zu deuten, während die Stille im Raum deren Präsenz enorm verstärkt. Die Niederländerin Melanie Bonajo sieht den Schamanismus aus einer feministischen Perspektive und untersucht in Form von Videos (Matrix Botanica, 22:25, 2013) die Wechselwirkungen von Mensch und Umwelt mit zeitgenössischen Mensch-, Pflanzen-, und Tier-Ritualen. Eine tote Schnake war 2005 der leblose Funke für Lili Fischers Werkreihe über die zu den Mücken gehörenden Insekten, die auch als Geister in schamanistischen Praktiken fungieren. Bei Igor Sacharow-Ross’ Raum-Collage hämmert es dauerhaft, während Vögel schreien. Der aus Sibirien stammende Künstler gilt als einer der Pioniere der interdisziplinären Kunst zwischen Mythen und Wissenschaft.
Schamanismen in der zeitgenössischen Kunst | bis 28.2. | Museum Schloss Moyland | 02824 951 00
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Er ist ganz nah am Haptischen“
Alexander Grönert über die Erwin Heerich-Ausstellung auf Schloss Moyland – Sammlung 06/22
Schlitten fahren mit den Geistern
Joseph Beuys im Museum Schloss Moyland – Kunst 06/21
Nicht aufs Kunstwerk kleben!
Schloss Moyland und seine Lieblingswerke – das Besondere 04/17
Bewegung und Berührung
Eva Aeppli und Jean Tinguely in Duisburg – Ruhrkunst 05/25
Einflüsse verschmelzen
Nadira Husain im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 05/25
„Der Zweifel ist wach zu halten“
Direktor Nico Anklam über die Ausstellung der Ruhrfestspiele 2025 in der Kunsthalle Recklinghausen – Sammlung 05/25
Muster im Dunkeln
„Holding Pattern“ im Dortmunder U – Ruhrkunst 04/25
Notfalls gepunktet
Gritli Faulhaber in Essen – Ruhrkunst 04/25
Der Mensch in prekären Zeiten
„We“ im Kunstmuseum Mülheim – kunst & gut 04/25
„Was Handwerk und was Kunst ist“
Co-Kurator Markus Heinzelmann über „Das halbe Leben“ im Bochumer Museum unter Tage – Sammlung 04/25
Nudel, Mops und Knollennase
Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Ruhrkunst 03/25
Hannibal, ungeschönt
Latefa Wiersch im Dortmunder Kunstverein – Ruhrkunst 03/25
„Alle Intelligenz ist künstlich“
Co-Kurator Tom McCarthy über die Ausstellung „Holding Pattern“ im Dortmunder HMKV – Sammlung 03/25
Einzelkämpfer auf ungesichertem Terrain
Herbert Zangs im Emil Schumacher Museum in Hagen – kunst & gut 03/25
Facetten einer Legende
Siegfried Anzinger im Museum Küppersmühle in Duisburg – kunst & gut 02/25
Gewebt, geknüpft, umwickelt
Sheila Hicks in Bottrop – Ruhrkunst 02/25
Wovon Bunker träumen
„Radical Innovations“ in der Kunsthalle Recklinghausen – Ruhrkunst 02/25
„Sie hatte ihren eigenen Blick auf die Arbeitswelt“
Fotohistorikerin Stefanie Grebe über die Ausstellung zu Ruth Hallensleben in Essen – Sammlung 02/25
Auf Augenhöhe
Deffarge & Troeller im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/25
Vorm Zeitpunkt der Aufnahme
Jörg Winde im MKK in Dortmund – kunst & gut 01/25
Runter von der Straße
Graffiti-Künstler im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/25
„Wichtig ist für ihn die Ästhetik der Kabel“
Kuratorin Felicity Korn über „Echo“ von Elias Sime im Düsseldorfer Kunstpalast – Sammlung 01/25
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24
Strich für Strich
„Zeichnung: Idee – Geste – Raum“ in Bochum – Ruhrkunst 12/24
Im Einklang mit der Natur
„Henry Moore – For Duisburg“ im Duisburger Lehmbruck Museum – kunst & gut 12/24