Wenne nich mehr weiss wode ahms ne Pulle Bier herkrichss, dann gehsse anne Bude. So war das früher, so ist es heute leider nicht mehr, obwohl es wohl noch rund 18.000 Kioske im Ruhrgebiet geben soll. Nachts frisches Bier ohne lange Anreise – kenn ich nur noch aus dem Berliner Kiez im sogenannten Spätkauf, in der Ruhr-Kleinstadt kenn ich keinen, der nach 22 Uhr noch gegen die ganzen 24-Stunden-Tanken rockt.
Aber Hilfe für eine der wenigen Ikonen der zwangsverordneten regionalen Identität im Ruhrgebiet ist in Sicht. Der sehnlichst erwartete Tourismus zwischen endlosen sanierten Industriegebäuden macht dies möglich, endlich gibt es den „1. Tag der Trinkhallen“. Unter dem Motto „Kumpels, Klümpchen & Kultur“ soll am 20. August überall, bestimmt aber an 50 ausgewählten etwas Besonderes gezeigt werden.
Neu scheint die Idee nicht. Schon vor über einem Jahrzehnt wurden in der renovierten „Kitschbude“ in Bochum-Gerthe (eine ehemalige Trink- und Straßenbahnwartehalle) Ausstellungen gezeigt, andere Häuschen zu Ateliers und Theaterbühnen umgestaltet. Seit Jahren ist der Schauspieler Giampiero Piria mit seinen Kioskwallfahrten auf Tour im Revier. Schön bleibt die Idee allemal. Und sie hat Mehrwert: Zusätzlich gehen noch 250 Old- und Youngtimer auf eine Rally zu den Buden und Trinkhallen, und das Industriemuseum Henrichshütte Hattingen zeigt die aufs Auge passende Sonderausstellung „Zum Wohl – Getränke zwischen Kultur und Konsum“.
Mittendrin steht, oder besser das Zentrum ist die originale historische Trinkhalle von Emmy Olschewski aus Castrop-Rauxel. Von 1921 bis 1998 stand sie in der Bergarbeitersiedlung Schwerin. Und schön ist sie immer noch. Um Ausstattung und Architektur kümmert sich zeitgleich eine Open-Air-Ausstellung in der Bochumer Zeche Hannover und liefert dabei tiefe Einblicke in die Originalität der Trinkhallen bis in die Gegenwart. Angesichts der historischen Dimensionen schien die Erforschung und Pflege der Kiosk-Kultur weltweit zwangsläufig zu werden. Es entstand in Dortmund der „1. Kioskclub 06 gegründet im Museum am Ostwall“, Vereinslogo: die Lakritzschnecke (seufz).
1. Tag der Trinkhallen | Sa 20.8. | Ruhrgebiet | www.tagdertrinkhallen.ruhr
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Der Kampf geht weiter
„8. März – Ein Minifestival“ am Theater Oberhausen – das Besondere 03/18
Wie viel Grün bleibt vom Grün?
Diskussionsrunde in Essen – das Besondere 01/18
Rote Ruhr
„Revolutionary Leftovers“ in Mülheim – das Besondere 01/18
Percussion für die Götter
Percussion Summit in Bochum – das Besondere 01/18
Blues mit einem Schuss Heroin
„E-Mex meets Jazz“ im Museum Folkwang – das Besondere 12/17
Unter der Kuppel ist es dunkel
Drei ??? im Bochumer Planetarium – das Besondere 11/17
Erweiterte Strahlkraft
Kunstmonat von fadbk und HBK in Essen – das Besondere 09/17
Lesen lassen
Das literarische Westfalen beim Festival hier! – das Besondere 08/17
Ein Tag Utopie
KulturTrasse 2017 in Wuppertal – das Besondere 08/17
Magische Musik ohne Manieren
Das Micro!Festival 2017 in Dortmund – das Besondere 08/17
Einmal über Wasser laufen
Die Skulptur Projekte 2017 in Münster – das Besondere 08/17
Reife Leistung
Ruhrtriennale: Masterclass-Projekte im Ringlokschuppen – das Besondere 08/17
Zeichnen in Kriegszeiten
„Ukraine Comics“ in Dortmund
Reichweite des Kolonialismus
„Das ist kolonial“ in der Zeche Zollern in Dortmund
Sommerparty der Künste
Das 13. Asphalt Festival
Die Ruhe und der Sturm
King Hannah im Weltkunstzimmer in Düsseldorf
Jugend & Freundschaft
Kurt Prödel liest im zakk in Düsseldorf
Tanzfläche als Kampfarena
Das Summer Battle 2025 in Essen
Industrie in Bildern
Sammlung Ludwig Schönefeld im Ruhr Museum in Essen
Natur in Unruhe
Miriam Vlaming in der Neuen Galerie Gladbeck
Das unnahbare Greifen
„Geheimnis 3“ am Theater an der Ruhr in Mülheim
Nugget unter den Festivals
Static Roots Festival im Zentrum Altenberg in Oberhausen
Ein Sänger malt mehr als er malt
Udo Lindenberg in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
Viel Kunst im kleinen Format
Der Westdeutsche Künstlerbund in Witten + Hattingen
Kunst als System der Recherche
Maya Deren / Stano Filko im Kunstmuseum Bochum