„Privilege“ von den Parenthetical Girls versammelt 12 von 21 Stücken der stark limitierten Serie von fünf EPs, die in den letzten beiden Jahren erschienen. Ihr Kunst-Pop reicht von orchestralem Pathos bis zu elektronischem … Pathos. Das muss so sein bei Zac Pennington, der mit seinem dramatischen, exaltierten Vibrato-Gesang die Stücke zusammenhält (Splendour). Keine Chance, nicht die Beach Boys und Brian Wilson zu erwähnen, und bei dem Bandnamen nicht die Schublade Dream Pop aufzumachen: Die sechsköpfigen Young Dreams aus Norwegen klingen nach psychedelischem Westcoast-Pop der 60er Jahre, neigen mehr zu Experimenten als die Fleet Foxes, aber zerlegen ihre Songs weniger als das Animal Collective. So könnte man ihr Debüt „Between Places“ einkreisen. Und dazu passt ja auch der Albumtitel perfekt (Modular). Das Kölner Duo Coma gehört zur Popfraktion des Technohouse, kann aber auch Club. Soll heißen: Nach mehreren EPs gibt es auf ihrem Debütalbum „In Technicolor“ ein munteres Hin und Her zwischen Popsongs mit Analog-Bass und Gesang und euphorischen Club-Hymnen. Letztere gelingen ihnen knackiger (Kompakt). Für seine Soloarbeiten nennt sich Thomas Klein, der Schlagzeuger von Kreidler, Sølyst. Das Album „Lead“ stellt den Rhythmus in den Vordergrund – analogen wie digitalen. Ein Bezugspunkt ist auch hier Krautrock, ein weiterer Ambient. Beides verbindet sich zu getragenen, düster pulsierenden Soundscapes (bureau b).
Joy Frempong alias OY macht elektronische Musik und singt dazu. Ihr eklektizistischer Sound und ihre Stimme erinnern an die Kölnerin Niobe, der Spagat zum Club an Santigold, und die afrikanischen Einflüsse in der Musik der Schweizerin mit ghanaischem Elternteil lassen Erinnerungen an die Slits oder Raincoats aufkommen. So spannend klingt dann auch ihr neues Album mit dem geheimnisvollen Namen „Kokokyinaka“ (Creaked).
Burnt Friedman & Jaki Liebezeit erforschen bereits zum fünften Mal „Secret Rhyhtms“. Die lange Zusammenarbeit des Nonplace-Labelbetreibers und des ehemaligen Can-Schlagzeugers spürt man in den organischen, psychedelischen Tracks, die wie ein Teppichgewebe immer weiter gleiten – von Schlaufe zu Schlaufe respektive von Loop zu Loop (Nonplace). Bassekou Kouyate & Ngoni Ba zelebrieren auf ihrem neuen Album „Jama Ko“ den weichen, melodischen Mali-Blues mehr denn je. Die vielstimmigen Melodien der Ngoni, der malinesischen Langhalslaute, die hier gleich vierfach zu hören sind, verbinden sich wunderbar mit dem Gesang von Amy Sacko. Als Gäste tauchen die Barr Brothers, Taj Mahal und andere auf. Der melancholische Grundton klingt im Kontext der aktuellen Ereignisse wie eine Klage über die jüngsten Unruhen im Land (Out here).
Auch wenn man etliche Kilo Spex-Hefte im Regal liegen hat – wegschmeißen geht auch nicht, nachdem Max Dax und Anne Waak mit „Spex – Das Buch“ eine Compilation des einflussreichen Popmagazins zusammengestellt haben. Das Magazin feierte seit 1980 Subjektivismus und neue Blickwinkel, die Polemik und das Fantum und war durchdrungen von politischen und soziologischen Fragestellungen. Frühe Artikel zu Madonna, Nirvana, Blumfeld oder Daft Punk zeugen für ein gutes Gespür – aber entscheidend war nicht nur das Was, sondern auch das Wie. Das Kryptische und Selbstreferentielle am Magazin wurde immer wieder kritisiert, war aber Teil der Strategie einer anderen Sicht, die man sich erarbeiten musste. Etwas mehr als zwei Artikel pro Jahr finden sich auf knapp 500 Seiten. An Altpapiercontainer für die Magazine ist also trotz des Buchs nicht zu denken (Metrolit).
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