Der „Tresentalk mit Wölfi und Kalle“ vor knapp zwei Monaten war ein voller Erfolg. Aus Platzgründen musste eine große Menschentraube draußen vor einer Leinwand mit Bier und Würstchen versorgt werden. Die Messlatte für die zweite Talk-Runde in „ruhrpöttischer“ Tradition lag also hoch. Diesmal konnte zwar auf die Leinwand verzichtet werden, doch das Lokal war komplett gefüllt und der Abend verlief umso dynamischer.
Indirekt sorgte dafür ein technischer Defekt der Mikrophone. Da nur noch zwei funktionierten, wurden diese teilweise einfach nicht mehr weitergereicht und die Gäste interviewten sich über lange Zeit ausschließlich gegenseitig. Schauspieler und Komiker Hans Werner Olm und die lokale Heavy Metal-Ikone Axel Rudi Pell ergänzten sich hier nicht nur sehr humorvoll, sondern machten den beiden Talkmastern Lars Kiesewetter (Radio Bochum) und Oliver Bartkowski (Produzent u. Songwriter) auch fast ihren Job streitig. Ein Glück im Unglück, ohne die Kompetenz der beiden Gastgeber in Frage stellen zu wollen.
Pell und Olm sind gebürtige Bochumer und so schwelgten sie in Heimatgefühlen. Während es dem extra aus Berlin angereisten Olm sichtlich gut tat, ein par „alte verlebte Gesichter“ wiederzusehen, gab Pell Einblicke in seine Jugend, die er in der Bochumer Speckschweiz verbrachte. Hier gab es früher „öfter eins auf die Fresse als auf den Teller“, wie der Rockmusiker scherzte, was Olm ironisch mit „quasi die Bronx von früher“ kommentierte. Pell, der mit typischen Schlangenlederstiefeln, blonder Mähne und Lederjacke wie die Ruhrgebietsversion von Axl Rose anmutete, zeigte sich sehr offen und gab Einblicke in seinen Bandalltag zu Beginn seiner Karriere am Anfang der 80er-Jahre: Kellerproben, aus Waschtrommeln gebaute Drum-Sets, einzeln gekaufte Kippen und das Bekenntnis, auch nicht mehr besonders viel aus dieser Zeit zu wissen, bestätigten das Klischee des Rock’n’Rolls. Pell ist dem Ruhrgebiet treu geblieben und zu Recht stolz darauf, als eine der wenigen regionalen Bands seiner Generation bis heute erfolgreich überlebt zu haben.
Doch auch in Olms Brust schlägt ein echtes „Ruhrgebietsherz“. In seinem Spezial-Programm „Mai Way“ wird er dieses Jahr „das unvorstellbare Temperament des Ruhrgebietlers“ auf Berlin loslassen. In typischer Currywurst-Pinte-Manier sollen hier wie er sagt, „Geschichten die man gar nicht glauben kann“ in kabarettistischer Form präsentiert werden. Dies dürfte sich unterhaltsam gestalten, wenn man an seine Kunstfigur, die mehr oder minder weibliche „Luise Koschinsky“ denkt, über die auch ein Buch geplant ist. Olm ist schon lange als Künstler aktiv. Im Talkverlauf ließ er den Umzug 1975 nach Berlin, die Mitbegründung der Gebrüder Blattschuss 1976 oder z.B. seine Vergangenheit mit Jürgen von der Lippe Revue passieren. Er lehnt außerdem den heutigen Quotenkrieg und den Medienkapitalismus der Unterhaltungsbranche ab, was er in der Antwort auf die Frage, warum er sich z.B. nicht in bestimmten TV-Shows präsentiere, verdeutlichte.
Zusätzlich verloste Olm CDs mit Fansongs zum VfL Bochum. Jeder der bestimmte Fragen, z. B. zur Karriere der Gäste oder Musikszene beantworten konnte, gewann. Der VfL war generell ein Thema, das die beiden Gäste miteinander verband und so kam es hier natürlich zu diversen Diskursen: Der erste Stadionbesuch, die Qualität einzelner Jahrgänge und Galgenhumor – durch die „graue Maus“ war doch schon der „ein oder andere Tag im Arsch“, wie Olm, leider treffend, anmerkte.
Neben einer besonders authentischen Ralf Richter Parodie von Pell, kam es außerdem noch zu einer kleinen Gangster-Rapeinlage durch Olm, welcher darin lediglich ein ärztliches Attest forderte. Am Ende bedankten sich die Gäste höflichst und sehr ironisch bei den Talkmastern dafür, dass sie immer ausreden durften.
So ging ein zweiter Bermuda-Talk zu Ende, der seiner Premiere in nichts nachstand und dynamisches Entertainment mit Gemütlichkeit verband. Dies mitunter auch durch den musikalischen Rahmen, der durch Frank Hölz und Wolfgang Bachmann geboten wurde. Bereits zum nächsten Bermuda-Talk in zwei Monaten, können sich unbekannte Bands per Musikvideo um einen Auftritt bewerben.
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