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„Don Quijote“
Foto: Sandra Schuck

Bedeutung schaffen

26. Mai 2017

„Don Quijote“ in Bochum – Theater Ruhr 06/17

Manege frei für Don Quijote. Der tapfere Ritter von Cervantes, der gegen Windmühlen und Hammelherden kämpfte, lebte einst an einem Orte der Mancha, an dessen Namen sich niemand erinnern kann und will und dennoch, die ganze Welt kennt den Träumer und seinen treuen Begleiter Sancho Panza, das Pferd Rosinante und die Umstände seines Todes. Kein Wunder also, dass grubengold, das transnationale Ensemble am Bochumer Prinz Regent Theater nun die wahre Geschichte des Mannes aus der Mancha erzählt, denn die Welt ist nie so wie man sie sieht, jeder hat seine eigene Version und Regisseurin Michaela Kuczinna, die mit den Laien eher eine szenische Collage erarbeitet hat, versucht auch gar nicht erst den Cervantes und seine Handlung in einen dialogischen Mittelpunkt zu schieben. Die Zuschauer sitzen im Kreis, in den vier Himmelrichtungen hineinführen. Hier ist das Zentrum, wo jeder der Spieler mal Don Quijote sein kann und seinen Kampf gegen die Windmühlen transportiert.

Manchmal geht da auch der Derwisch um und die arabische Laute intoniert Andalusien statt Mancha. Das tausend Seiten lange Buch ist der Katalysator: „Die Geschichte bringen wir raus“, die Welt ist in La Mancha, alle elf Spieler mit unterschiedlichen Fluchthintergründen sind elektrisiert, die erste Choreografie treibt sie in den Kreis und barfuß rundherum, die Klänge sind vertraut fremd, die Ernsthaftigkeit spiegeln die Gesichter. Vieles ist performativ, kurze Szenen beim Haare machen, dann wieder viel Bewegung mit wenigen Requisiten, manchmal wird Speise gereicht, doch die zweite Reihe muss hungern. I’m only human, na ja, das hätte Don Quijote sicher nicht gefallen, wollte er doch nach endloser erlesener Ritterromantik selbst ans Schwert im goldenen Zeitalter. Mancher Monolog wirkt etwas lang, manches live gefilmte Video hätte man weglassen können, aber die Geschichte mit Plüschtier-Esel und Schlaf zum Sattwerden und auch die Windmühlen zum Handy laden aus Malawi sind großartig, auch das Buch deutsch-arabisch in 30 Tagen und die Musik. Wer sehen will, warum die Welt uns allen gehört, der grabe nach dem grubengold im Heute.

„Don Quijote“ | R: Michaela Kuczinna | 13., 17.6., 4., 5.7. 19.30 Uhr | Prinz Regent Theater Bochum | 0234 771 117

Peter Ortmann

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