Wie entwickeln wir ein Zero-Waste-Siegel für die Stadt? Schaffen wir es, To-Go-Becher aus Essen zu verbannen? Wie wird die Stadt plastiktütenfrei? Für den Zero Waste Workshop an der Universität Duisburg-Essen (UDE) haben sich die Studenten mit den bereits vorgegebenen Projektideen viel vorgenommen. Doch wie weit werden sie ihre Projekte wirklich bringen? Werden sie am Ende umsetzbar sein?
Zunächst einmal: Was ist das eigentlich, Zero Waste? Es bedeutet, seinen Müllverbrauch auf ein Minimum zu reduzieren. Entsprechend der fünf Prinzipien: verweigere, reduziere, verwende wieder, recycle und ganz zum Schluss erst, lass’ es verrotten. Um die persönlichen Schwachstellen zu finden, hilft ein Blick in den eigenen Müll: Was konsumiere ich regelmäßig, was ist wie verpackt und wie verhält sich diese Verpackung danach in der Umwelt.
Verschiedene Experten kommen während des Workshops zu Wort. Der erste, der sein Wissen zum Thema Müll beisteuert, ist Uwe Unterseher-Herold, Geschäftsführer der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE).
Müll ist ein Solidarsystem, ähnlich wie die Krankenkasse. Alle leisten ihren Beitrag, damit die Stadthygiene gewährleistet ist. Ziel ist es, einen bestimmten Verschmutzungsgrad nicht zu überschreiten und die Ausbreitung von Keimen zu verhindern. Im Beitrag enthalten sind nicht nur die eigene Mülltonne, sondern auch der Papierkorb auf der Straße und die Recycling-Höfe. „Und was ist, wenn ich jetzt in meinem Haus Zero Waste leben möchte, ist das trotzdem möglich?“, kommt die Frage aus dem Publikum. Unterseher-Herold überlegt, dann sagt er: „In einem Haus mit mehreren Parteien ist das kein Problem. Da würde man einfach die Größe des Behälters reduzieren. Man kann allerdings nicht so einfach aus dem Solidarsystem aussteigen.“ Denn das System sorge dafür, dass die Dienstleistung bezahlbar bleibe. Je mehr Leute daraus aussteigen, desto teurer wird es für alle. Eine Erkenntnis für diejenigen, die gerne Zero Waste leben wollen. Durch sie kann man den Müllberg im Haus und auch die Kosten für die gesamte Hausgemeinschaft reduzieren, Und ganz nebenbei: Weniger Müll entstehen lassen. Das wäre nicht der einzige Vorteil vom Lifestyle Zero Waste. Auch die Umweltbelastung würde verringert. Denn der Müllkreislauf vom Restmüll in die Anlage zum Bunker bis in den Ofen geht nicht komplett in Rauch auf. Final übrig bleiben konzentrierte Schadstoffe, die höchst belastet sind und auf der Deponie landen. Je weniger Müll wir also produzieren, desto weniger schwer handhabbares Material gelangt de facto in die Umwelt.
Weiteren Input für die Gruppenarbeit liefert Ralf Bertling vom Fraunhofer Institut in Oberhausen. Er berichtet zum Thema Mikroplastik. 450 Jahre braucht eine Plastikflasche, ehe sie sich zersetzt. „Gelingt das denn vollständig?“, will ein Student wissen. Das sei unklar, räumt Bertling ein. Wieso ist das Thema so brisant? Mikroplastik entsteht entweder aus Abrieb oder wurde bewusst klein hergestellt. In der Regel ist er kleiner als 5mm. Doch die farbigen, geruchlosen, kleinen Partikel werden über die Zeit immer kleiner. Wenn früher ein Kosmetik-Produkt mit natürlichen Materialien wie Sand versetzt wurde um seine Peeling-Fähigkeit zu entwickeln, wird der enthaltene Sand heute durch Kunststoffe ersetzt. Die gelangen dann ins Abwasser und müssen in den Kläranlagen heraus gefiltert werden. Können die das denn? In mehreren Studien fand man heraus, dass Kläranlagen ein Rückhaltepotenzial von bis zu 96 % bei Mikroplastik haben, so Bertling. Doch er räumt auch ein, dass dennoch ein Gefahrenpotenzial darin schlummern könne. Es sei dem technischen Standard der Zeit geschuldet, ob man die Partikel überhaupt nachweisen könne. Das bedeutet, wir werden erst in 50 Jahren wissen, ob das Plastik in unserem Wasser, das wir trinken und zum Kochen verwenden, uns wirklich geschadet hat? Ein schwacher Trost. Aber nach jetzigem Kenntnisstand unvermeidlich.
Nach sieben Wochen intensiver Arbeit in den Gruppen präsentieren die Studenten ihre Projekte im Kubig Pavillion der Gruga. Ausgefeilte Ideen sind dabei, von der No-Waste-App über den Nachhaltigkeitskalender bis zur plastiktütenfreien Stadt. Anschließend werden die Sieger geehrt. Teil der Jury sind Simone Raskob, Umweltdezernentin der Stadt Essen, neben Professor André Niemann, Institutsleiter der Ingenieurswissenschaften an der UDE, Gudrun Both vom Umweltministerium für Umwelt und Naturschutz und Michael Brodmann, Leiter der Stiftsquelle. Sieger des Projektes sind gleich zwei: Die Gruppe zur Entwicklung eines Konzeptes für eine No-Waste-App und die Gruppe zur Verbannung der To-Go-Becher aus der Stadt. Mit der No-Waste-App möchten die Studierenden das Problem ‚Müll’ für jeden sichtbar machen und ein Bewusstsein dafür schaffen. Die App soll ermöglichen, dass Gleichgesinnte sich besser vernetzen und austauschen können, zu Initiativen wie Repair Café, Kleidertausch oder Free your stuff. Die Gruppe rund um den To-Go-Becher bezog analog zum Rosenheimer Modell Gastronomen in die Müllvermeidung mit ein. Auch Kooperationspartner durften nicht fehlen, etwa Cup for Cup. In Rüttenscheid, wo die Dichte an Cafés und Konsumenten sehr groß ist, haben sie angesetzt. Kleinere Cafés machen gerne mit. Wichtig bei dem Projekt sei auch, in die Fläche zu gehen und größere Ketten anzusprechen, da deren Verbrauch an To-Go-Bechern deutlich höher sei.
Fest steht, die Studenten haben sich für ihre Projekte viel vorgenommen. Doch mit ein bisschen langem Atem sind ihre Ergebnisse umsetzbar und vielleicht sogar bald Realität.
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