„Das Böse ist immer und überall“, textete einst die österreichische Erste Allgemeine Verunsicherung. Kein Wunder, deren Generation war ja auch irgendwie cineastisch geprägt von Anton Karas Zitherspiel und dem gepanschten Penicillin des Bösen Harry Lime (Orson Welles) mitten im Nachkriegs-Wien (Der dritte Mann, GB 1949). Das schaurig Böse hat eben immer auch Unterhaltungswert. Wohlige Schauer nannte man das mal und die mussten im Laufe der Zeit mit immer grauenhafteren Aspekten gespeist werden.
In Düsseldorf zeigt das Museum Kunstpalast jetzt die Schau „Tod und Teufel“, die nicht nur die Entwicklung und die Faszination des Horrors zeigen will, sondern auch die Vereinnahmung des Grusels von Mode-Industrie, Kunst und scheinbar auch für Pseudo-Design-Schnickschnack.
Schon die Altvorderen fürchteten sich vor der ewigen Finsternis, ab dem frühen Mittelalter entdeckten die Kleriker die Angst als Disziplinierungswerkzeug und so wanderten schnell Skelette und Teufel über imaginäre Gräber und diverse Leinwände. In einer Minivitrine steht in der Landeshauptstadt erst der Heilige Bartholomäus mit abgetrenntem Kopf (ca. 1600), dann folgt schon schnell die doch recht ästhetische Hölle von Friedrich Wilhelm von Schadow und seinen Schülern (rechter Teil eines Triptychon 1848-1852). Wir sind 200 Jahre weiter und für die Schönheit der Finsternis umgibt jetzt Dunkelheit die Besucher. Tod und Teufel werden langsam schick und finden schnell die Tür in die neue Unterhaltungsindustrie. Auf den ersten Horrorfilm „Das Schloss des Teufels (George Méliès, 1896) folgten schnell die Bösewichter Dr. Caligari und Nosferatu und am Ende des 20. Jahrhunderts hatte das Grauen bereits die Modeindustrie und das Populäre okkupiert. Das Schockierende wird gesellschaftsfähig und mäandert durch die Genres. Die Ausstellung strukturiert hier mit Themenclustern, die helfen, die Exponate einzuordnen. Hier das riesige Foto Rick Genest, auch bekannt als tätowierter „Zombie Boy“, da der Nike-Air-Schuh mit Blut und gesegnetem Wasser aus dem Jordan des New Yorker Künstler-Kollektiv MSCHF, das Grauen wird fast zur profitablen Belanglosigkeit, aber auch zu einem zeitgenössischen Werkzeug, mit dem alternative Identitäten behauptet werden, um bestimmte Normen zu hintergehen. Wohin das alles führt? Don´t be alarmed.
Tod und Teufel | bis 21.1.2024 | Museum Kunstpalast Düsseldorf | 0211 56 64 21 60
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