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Ist das eine urbane Skulptur oder doch ein Platz zum Verweilen?
Foto: Mor Arkadir

„Spaß am öffentlichen Raum haben“

26. Juni 2014

Der weltweit erste Architekturwettbewerb in Echtzeit in Witten – Sammlung 07/14

72 Hour Interactions ist weltweit der erste Architekturwettbewerb in Echtzeit. Innerhalb von drei Tagen und drei Nächten entwerfen und realisieren internationale Teams Projekte im öffentlichen Raum, die auf die städtischen Bedürfnisse vor Ort eingehen. Die Mannschaften arbeiten und schlafen vor Ort und entwickeln ihre Interventionen innerhalb einer engen Zeitvorgabe, kleinem Budget und begrenztem Raum. Der erste Wettbewerb fand im September 2010 im Rahmen des Bat-Yam Biennale of Landscape Urbanism in Israel statt. Nach weiteren Stationen 2012 in Terni (Italien) und Stuttgart wurde der Wettbewerb zuletzt 2013 auf dem dänischen Roskilde-Festival durchgeführt. Nun findet er in Witten statt. trailer sprach mit derArchitektin und Kuratorin Katja Aßmann, die seit 2012 auch die Urbanen Künste Ruhr leitet.

trailer: Eine Weltmeisterschaft jagt die nächste. Im Moment Fußball in Brasilien, im nächsten Monat die WM für spielbare Architektur in Witten. Werden da Brücken weit geworfen oder wird gegen Häuser getreten?
Katja Aßmann:
Das Ganze ist natürlich etwas komplexer. Wir werden neue Architektur bauen, und jede Architektur ist dazu gedacht, dass man mit ihr spielen kann. Spielerisch wollen wir auch das Thema Stadt angehen und Orte zu besonderen, neuen Orten kreieren. Da kommen dann aus aller Welt 50 Architekten, Designer und Computerspiel-Entwickler, die gemeinsam diese spielbare Architektur entwickeln. Das heißt, wir werfen nicht, wir treten nicht, sondern wir bauen tolle neue Sachen.

Und das soll auch ein Projekt gegen globale Langeweile sein?

Katja Aßmann
Foto: Roman Mensing
Die Architektin Katja Aßmann ist seit Anfang 2012 die künstlerische Leitung von Urbane Künste Ruhr. Zuvor war sie u.a. Leiterin des Programmbereichs „Stadt der Möglichkeiten“der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010, arbeitete für die Landesinitiative StadtBauKultur NRW und leitete die Projekte der Regionale 2006.

Ganz genau. Das ist aus dem Gedankengut der beiden beteiligten Künstlergruppen entwickelt worden. Das ist zum einen Invisible Playground aus Berlin, die sich mit Computerspiel-Entwicklungen beschäftigen, die auch im Realraum zu spielen sind.72 Hour Urban Actionist eine Gruppe aus Tel Aviv, und die haben sich ganz intensiv damit beschäftigt, wie man wieder Spaß am öffentlichen Raum haben kann, wie man Spaß daran haben kann, die Stadt zu benutzen. Und wie man die Langeweile in manchen Städten mit eher langweiliger internationaler Architektur besiegen kann und dazu aktiv in die Stadt hineingreift.

Kann künstlerische Nutzungsänderung auch als anarchischer Eingriff in die öffentliche Ordnung gesehen werden?
Natürlich wollen die Künstler alles auf den Kopf stellen. Wenn man sich jetzt die Diskussionen anschaut, dann wir sind ja seit Monaten mit der Stadt und auch mit den genehmigenden Behörden im Gespräch. Da geht es immer wieder darum, wie wir die Regeln etwas ausdehnen können oder wie wir sie ein bisschen anders interpretieren können, um einmal für 72 Stunden etwas ganz Besonderes in der Stadt zu machen. Ein Stück weit ist das auch ein anarchischer Eingriff in die öffentliche Ordnung.

Was ist wichtiger: die Theatralik der Bauhandlungen oder das skulpturale Ergebnis?
Die Theatralik der Bauhandlung.

Das heißt, das Ergebnis ist jetzt nicht mehr so ganz wichtig?
Na ja, es gibt ja diese Kooperation zwischen den Computerspielern und den Architekten. Und manche Ergebnisse werden ja gar nicht gebaut, sondern nur gespielt. An manchen Stellen wird es also gar keine skulpturalen Ergebnisse geben. An einigen schon, aber in erster Linie sind die Sachen temporär gedacht und auch deshalb temporär, um einmal die Kommunikation innerhalb der Stadt zu erhöhen, und vielleicht auch, um städtebaulich nicht so gelungene Orte mit neuem Schwung zu versehen. Aber wahrscheinlich werden die meisten der Arbeiten wieder verschwinden. Bei vorangegangen Festivals konnte erreicht werden, dass die Gewinner-Installation auch länger verbleibt. Das hoffen wir ein bisschen auch, aber erst mal gehen wir davon aus, dass alles nach den 72 Stunden wieder verschwindet. Von daher ist der Prozess wirklich wichtiger und, ich denke, auch spannender als das am Ende Gebaute. Wobei das natürlich auch erstklassig ist.

Warum findet das in Witten statt?
Wir haben uns ganz bewusst für die Ränder des Ruhrgebiets interessiert. Ich habe mit den Künstlergruppen eine Bereisung gemacht, wir haben uns diese Peripherie angeschaut und wollten dort urbane Brüche und Problemstellungen in Angriff nehmen. Wir sind dann bei fünf Städten gelandet: Hagen, Herdecke, Witten, Wetter und Hattingen. Diese fünf sind in die Endauswahl gekommen, und wir haben dann eine Online-Kampagne gestartet. Die Anwohner konnten sich mit Ideen dasKunstfestivalquasi in die eigene Stadt holen. In Witten waren die allerbesten und coolsten Vorschläge, was die Künstler alles machen könnten, und somit hat sich die Jury am Ende für Witten entschieden.

Was passiert mit den Interventionen nach der Weltmeisterschaft? Können die dann vor Ort auch erworben werden?
Also wir enden mit dem Festival am Samstagabend, dann kommt die Jury und die Siegerehrung. Den ganzen Sonntag haben die Wittener Zeit, mit den Arbeiten zu spielen, sie sich anzueignen oder sich nur anzuschauen. Wir hoffen, dann eben auch mit den Bürgern und den Politikern entscheiden zu können, ob etwas bleibt oder nicht. Dann müssen die Bürger die Skulptur allerdings nicht erwerben, sondern wir würden sie ihnen schenken, so lange sie sich verpflichten, für einen festgelegten Zeitraum diese Skulptur zu pflegen und zu erhalten.

72 Hour Interactions – Eine Weltmeisterschaft für spielbare Architektur | 24.7.-27.7. | Witten | www.72hourinteractions.com

INTERVIEW: PETER ORTMANN

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