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„Kampf des Negers und der Hunde“
Foto: Arno Declair

Neulich im Urwald

26. Mai 2017

„Kampf des Negers und der Hunde“ in Bochum – Theater Ruhr 06/17

Irgendwo in Afrika. Oder ist das schon Pandora? Der Urwald ist jedenfalls voller exotischer Töne und nicht lokalisierter Geräusche, tief versteckt sitzt ein Cellospieler mit Looper und co.. Fette Scheinwerfer riegeln die Vegetation von der Baustelle an der Rampe ab: Wo Licht ist, haben dunkle Schatten keine Chance. In diesem Szenario inszeniert Roger Vontobel Bernard-Marie Koltès’ „Kampf des Negers und der Hunde“ in den Bochumer Kammerspielen. Überauthentisch wirken die Protagonisten in ihren jeweiligen Rollen, sie sind eher Abziehbilder einer kolonialen Vergangenheit, die sich in globalisierte Gegenwart verändert hat, für die Beteiligten an der Ausbeutung fremder Territorien hat sich nicht viel geändert, die Zukunft ist düster. Von dort kommt auch der konzentrierte Widerpart, der wohl den Hund schon gemeuchelt, der sich mit hellem Staub bedeckt, um damit das Fremde zu kaschieren. Jana Schulz als Alboury treibt es aus dem Dschungel an die Grenze zwischen Licht und Schatten. Wie er in die Hochsicherheitszone gelangt ist, wird nicht geklärt; er will die Leiche seines Bruders aus dem Dorf abholen, der auf der Baustelle ums Leben kam. Ausgerutscht, mit dem Gesicht auf einen Felsen oder so. Dann zufällig von einem Laster überrollt. „Unfälle passieren auf einer Baustelle“, sagt Horn (Werner Wölbern), der Chef, der gerne Whisky trinkt und sich eine viel zu junge Frau (Luana Velis endet als „loving the alien“ – Léone) aus dem Urlaub mitgebracht hat. Alboury scheint immer süffisant wissend, ausdruckslos dem Ziel entgegen zu steuern.

Zäh klären sich bei Vontobel die Hintergründe, zäh versucht man das Ganze als zeitgenössische Metapher zu deuten. Das gelingt nur platt oder besser nicht. Was der Inszenierung bleibt, sind ein aufgedrehter Max Mayer als Cal, und das schicke Elektro-Pandora-Bühnenbild mit Mutter-Erde-Baum aus grauen Schläuchen von Fabian Wendling. Ansonsten schwingen die Protagonisten auf der Bühne hin und her, der mörderische Psychopath Cal lauert am Schluss wunderbar mit Pumpgun und mit Heilerde aus der Jauchegrube übersäht, Alboury, der den verbalen Disput längst gewonnen, erschießt ihn unter Getöse. Die Affen schreien. Apocalyptica sei Dank.

„Kampf des Negers und der Hunde“ | R: Roger Vontobel | 3.6. 19.30 Uhr, 14.6. 20 Uhr, 18.6. 19 Uhr | Kammerspiele Bochum | 0234 333 355 55

Peter Ortmann

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