„All I need is time. A moment that is mine“, sang Britney Spears. Diese besonderen Momente werden gesucht, sie werden fast nie gefunden. Auch im berühmten Roman „Lolita“ (1955) des russisch-amerikanischen Schriftstellers Vladimir Nabokov sucht ein gewisser Humbert Humbert nach diesem Kick im Moment, der ihn seit seiner frühsten Jugend verfolgt und den er in der blutjungen Lolita zu finden glaubt. Diese Figur ist im Laufe der Zeit zu einem Mythos geworden. Besungen, bekleidet, vergöttert, verfilmt. Eine ganze Welt für Pädophile, ein Archetypus der verführenden Weiblichkeit zwischen Mädchen und Frau, der den Wahnsinn in Nabokovs Werk auslöst und für Hollywood wie gemacht schien.
Auch das Theater hat der Stoff längst erreicht. Nach Jonathan Meeses „Lolita-Mutter-Nazi-Exzess“ am Dortmunder Schauspielhaus kommt das Synonym, das oft und fälschlicherweise statt eines Opfers von sexuellem Missbrauch für eine kindliche Verführerin – visuell auf die Spitze getrieben in der japanischen Mangakultur – gehalten wird, nun in Form des Nabokovschen Drehbuchs ins Moerser Schlosstheater. Der Roman selbst beschreibt die Reise durch pädophile Obsession immer aus männlicher Perspektive. Da kann sich der ältere Humbert dem Charme von kleinen „Nymphchen“, wie er sie nennt, immer weniger entziehen, er heiratet sogar Lolitas Mutter um bei ihr zu sein. Die entdeckt seine Obsession, stirbt aber, bevor sie die Tochter retten kann. Danach folgt ein Roadmovie quer durch Amerika, in dem Lolita lernt, seine Liebe auszunutzen, sie verlässt ihn sogar, während sich sein Wahn steigert. Das Unheil ist nicht mehr aufzuhalten. Am Ende sind alle Protagonisten tot, Lolita, auch noch schwanger, wurde gerade 18 Jahre alt.
Das Moerser Regieteam um Susanne Zaun und Leander Ripchinsky fragt sich nun, was gewesen wäre, wenn die junge Frau nicht gestorben wäre, wenn sie vielleicht die Paranoia und ihre Auswirkungen überlebt hätte und jetzt die Geschichte einmal aus ihrer eigenen Sicht erzählen könnte. Sie fragen sich auch, „warum „Lolita“ meist als Geschichte vom Aberglaube der kindlichen Unschuld gesehen wird“. Wie viel vom frühreifen „Liebesmythos“ würde sonst wohl übrig bleiben?
Lolita– Ein Drehbuch | 28.4. 19.30 Uhr (P), 30.4. 18 Uhr | Schlosstheater Moers | 02841 883 41 10
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