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„Rapunzel“
Foto: Schlosstheater Moers

In geheizten Wunderländern

31. Oktober 2022

Weihnachtsstücke im Ruhrgebiet – Prolog 11/22

Und es begab sich zu einer Zeit, als noch keine Energiekrise das Land erschütterte, auch weil viele Arbeiten in Küche und Haus noch mechanisch und nicht elektrisch, dafür oft aber lustiger von der Hand gingen. Nüsse wurden dereinst von hölzernen – oft soldatisch anmutenden – Knackern zerbröselt, oder aber von stählernen Zwingen (oft aus Krupp-Kanonen) geknackt. Der so genannte hölzerne Nussknacker aber wurde ein Symbol der christlichen Weihnachtszeit, ein russisches Märchenballett in zwei Akten von Pjotr Iljitsch Tschaikowski, nach Vorlagen von Alexandre Dumas und E.T.A. Hoffmann. In diesem Jahr ist die Geschichte von Fritz und Marie und dem scheinbar lebendig gewordenen Nüsse-Fresser in Wuppertal im Opernhaus zu sehen. Henner Kallmeyer bringt dort eine eigene Theaterfassung (zusammen mit Elisabeth Wahle) mit dem Sinfonieorchester, dem Inklusive Schauspielstudio und dem Schauspielensemble auf die Bühne (Do 3.11., Opernhaus Wuppertal).

Märchenhafte Klassiker scheinen alljährlich die Theaterreihen am sichersten zu füllen. Im Schauspielhaus Dortmund setzt man auf „Alice im Wunderland“, auch hier in einer eigenen Fassung mit Video von Kinder- und Jugendtheater-Intendant Andreas Gruhn (Fr 11.11. (P), Schauspielhaus Dortmund). Aber immer noch fällt das kleine Mädchen in den tiefen, tiefen Kaninchenbau, muss wilde Abenteuer bestehen und lernt merkwürdige Wesen kennen. Kein Wunder, wenn man dem weißen Kaninchen folgt. Wie sang 1967 Grace Slick so schön: One pill makes you larger, and one pill makes you small.

So richtig crazy ging es auch bei den Gebrüdern Grimm zu. In ihrem Märchen „Rapunzel“ wird ein Kind wegen permanenten Hungers auf Feldsalat bei einer Hexe eingetauscht. Es muss in den Turm und für den Lift des Bösen immer seine ultralangen Haare (nein, nicht neu verföhnt!) herunterlassen. Auch in Moers hat Dramatiker und Theaterregisseur Thorsten Bihegue die Geschichte entstaubt, krempelt veraltete Ansichten und Vorurteile gehörig um. Vielleicht braucht Rapunzel ja gar keinen Prinzen zum Ausstieg aus dem merkwürdigen Abhängigkeitsverhältnis in der ollen Ruine. Aber keine Sorge, immer noch muss sie in der Welt draußen haarsträubende (!) Abenteuer besteht und als Moerser Alleinstellungsmerkmal Feldsalatfeenfähigkeiten entwickeln. Apropos Feldsalat und Karten: Früher Vogel fängt den Wurm!

Rapunzel | So 27.11. (P) | Kath. Jugendheim St. Barbara Moers | 02841 883 41 10

Peter Ortmann

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