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Bruce Nauman Double Slap in the Face Neonröhren auf Metallpaneel, (Neon tubing mounted on metal monolith), 80 x 127 x 20 cm, Edition 5/5, Sammlung Froehlich, Stuttgart
Augustin, Esslingen

„Neonröhren sind jetzt retro und wieder hip“

04. März 2020

John Jaspers über „Neon Delight“ am Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna – Sammlung 03/20

trailer: Herr Jaspers, führt Edelgas zwangsläufig zu edler Kunst?

John Jaspers: Nein, das glaube ich nicht. Wenn man zum Ursprung des Edelgases blickt, dann war das anders gedacht, als dass man damit Kunst machen soll. Neon wurde schon am Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt und danach wurde erst einmal nur für Werbung an Fassaden genutzt, das erste Mal 1912 von zwei Ingenieuren in Paris für eine Frisörgesellschaft. Danach wurde es hauptsächlich für Werbung eingesetzt, in den USA auch für billige Hotels. Las Vegas ist ein gutes Beispiel dafür. Erst in den 1960er Jahren haben Künstler angefangen, das Material für sich zu nutzen.

Warum hat Bruce Naumanns „The true artist helps the world by revealing mystic truths“ 1967 so für Furore gesorgt?

John Jaspers
Foto:Presse

Zur Person

Seit März 2014 leitet der Amsterdamer John Jaspers das Zentrum für internationale Lichtkunst in Unna. Er war Direktor des „Museum Kunstlicht in de Kunst” in Eindhoven und das Thema Lichtkunst und dessen Vermittlung ist der rote Faden seiner Laufbahn. Er ist Initiator des neuen International Light Art Award, der seit dem letzten Jahr in Unna vergeben wird.

Die Furore kam erst später. Die Arbeit heißt auch „Window or Door Sign“ – Reklame für ein Fenster oder an der Wand. Im Fenster in seinem ersten Atelier sah es tatsächlich noch wie eine Reklame aus. Der Satz war aber philosophisch gemeint. Das ist schon etwas, wenn ein junger Künstler so etwas schreibt. Ich weiß, dass er dachte, nachdem er es aufgehängt hatte: Oh, meine Güte, vielleicht habe ich hier ein bisschen übertrieben. Aber es gibt einen Kern von Wahrheit darin, Kunst hat eine bestimmte Rolle zu spielen und der Künstler hat in der jetzigen Gesellschaft etwas zu sagen. Aber dass die Arbeit so ikonisch wurde und einen zentralen Platz in seinem Oeuvre eingenommen hat, ist erst danach gekommen. Das Schöne ist, dass es nicht zynisch, vielleicht skeptisch war, das Material so zu nutzen, und damit Sachen anzustoßen.

Gibt es in der Ausstellung in Unna auch Anzügliches von ihm zu sehen, wie „Sex and Death by Murder and Suicide“ von 1985?

Es gibt noch eine weitere Arbeit von ihm zu sehen und zwar „Double Face“ von 1981. Bruce Naumann hat einige der wenigen Beispiele von sich bewegenden Neons gemacht. Es gibt Neons, die sich an- und ausschalten, wie auch die Werbung in den 1950er und 60er Jahren es gemacht hat, um noch mehr Aufmerksamkeit zu kriegen. Das An- und Ausschalten ist also ziemlich üblich, aber dass er Bewegung dort hineinkriegt, das hat Bruce Naumann zum ersten Mal gemacht.

Auch Tracey Enim zeigt mit „You Never Should Have Loved Me The Way You Did“ (2014) einen handgeschriebenen Satz. Warum gibt es so viele Wörter in der Neon Art?

Das weiß ich nicht genau. Aber es ist ein Material, mit dem man sehr gut schreiben kann. Das hat ja in der Werbung vorher auch so stattgefunden. Es gibt bei uns in der Ausstellung auch Objekte und Skulpturen, aber warum es so viele Wörter gibt, das müssen Sie die Künstler fragen. Jeder Künstler möchte etwas ausdrücken, bei Tracey Enim sind das eigene Erfahrungen, die dann groß werden, bei Maurizio Nannucci mit seinen sehr, sehr speziellen Sätzen, geht es letztlich um die Skulptur selbst, die Farbe, die Größe und den Eindruck, die sie hinterlässt, der Bezug auf die Räumlichkeiten, die seine Arbeiten haben. Enim ist da viel filigraner, sie drückt ganz andere Sachen aus als Nannucci.

Wie Vinyl aus der Plattenindustrie verschwindet Neon aus der Werbung, beides hat längst Kultstatus. Warum hat Neon so einen Kultstatus?

Ich glaube, es erinnert uns auf eine romantische Art und Weise an andere Zeiten. Wenn man tatsächlich an Las Vegas und an die Route 66 denkt, assoziieren Menschen das mit einer bestimmten Ära, mit den 1960er Jahren, als viele Künstler angefangen haben, es zu nutzen. Es war eine Zeit der Hippies, der neuen Entwicklungen, großer Proteste, der Freiheit, frei und froh. Ich glaube, dass es damit etwas zu tun hat, dass es so einen Retro-Kultstatus hat. Und es ist einfach ein sehr ästhetisches Material, es sieht wunderschön aus, es ist also echt schade, dass es verschwindet.

Das Museum hat schon oft spannende Installationen aus Neonröhren gezeigt. Ist Licht dabei nur eine zusätzliche Komponente bildhauerischer Möglichkeiten?

Das Museum hat seinen Ursprung darin, dass Künstler eingeladen wurden, große, ortsspezifische Installationen aus Licht zu kreieren, wie bei François Morellet, der ja auch ab den 1960ern Neon genutzt hat. Jetzt zeigen wir bei „Neon Delight“ keine große räumliche Installation, aber wir versuchen einen Überblick über die Künstler zu geben, die Neon genutzt haben. Wir versuchen zu zeigen, wie unterschiedlich Neon genutzt wurde und wie es jetzt retro und wieder hip ist.

Wird die Freude am Neon und am Museum insgesamt durch auch Ökostrom erhalten bleiben?

Wenn es leuchtet, leuchtet es. Und ich glaube, es muss nicht bei jedem Objekt dabei stehen, dass es mit Ökostrom betrieben wird. Tatsächlich haben wir da noch ein Stückchen zu gehen. Aber ich finde die Frage wichtiger für andere gesellschaftliche Bereiche als für ein Museum. So viel Strom nutzen wir überhaupt nicht. Aber ich glaube, dass es wenn dann schon Ökostrom ist. Und ich hoffe, dass das Neon genauso schön leuchten bleibt.

Neon Delight | 14.3. - 16.8. | Zentrum für Internationale Lichtkunst Unna | 02303 10 37 51

INTERVIEW: PETER ORTMANN

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