Rote Laserstrahlen und Roboter können bedrohlich wirken und Erinnerungen an Sciencefiction oder Sicherheitssysteme wecken. Die Künstlerin Margareta Hesse erschafft daraus Lichtskulpturen, die Räume verwandeln und einladen, die unerwartete Wirkung des Lichts zu erkunden.
trailer: Frau Hesse, rote Laserlichtschranken bewachen immer irgendwas in Actionfilmen. Was bewachen denn Ihre im Lichtkunstmuseum in Unna?
Margareta Hesse: Das weiß man ja nie so genau. Erst einmal ist ja der Raum leer, bevor die Zuschauer, die Betrachter, die Rezipienten den Raum betreten. Und Kostbarkeiten gibt es da ja nicht zu bewachen. Die Arbeiten stehen da einfach vor sich hin und warten darauf, dass Besucher kommen. Dabei entstehen auch Assoziationen aus Actionfilmen, die natürlich aufkommen, da sind Sie auch nicht der Einzige, der an so etwas denkt. Ich habe bei der Entstehung der Installationen aber nicht daran gedacht.
Gefährlich sind die Laser aber nicht, oder? Niemand braucht eine Schutzbrille?
Nein, das braucht man nicht. Ich arbeite mit gesicherten Lasern, die extra für mich entwickelt worden sind von der Firma LaserAnimation Sollinger in Berlin. Da ist es so, dass das Licht über Spiegel wieder zurückgeleitet wird in einen winzigen Sensor im Lasergerät selbst, der sich unterhalb der Lichtaustrittsquelle befindet und dieser Sensor misst die Energie, die mit Lichtgeschwindigkeit bei ihm ankommt. Sobald der Energiepegel da nicht ganz stimmt, wird der Lichtfluss sofort unterbrochen, dann gibt es keinen Laserstrahl mehr. Also wenn Sie da die Hand oder selbst einen Kugelschreiber hineinhalten, wird der Strahl unterbrochen. Der Sensor sendet so kleine „tik tik tik“-Signale um zu prüfen, ob der Weg wieder frei ist. Und sobald er merkt, dass stimmt jetzt wieder mit dem Energielevel, ist der Strahl wieder da.
Und warum rot, warum 650 Nanometer?
Laserlicht ist schon ein sehr spezielles Licht. Es ist ganz anders als Kerzenschein oder LED, es ist ein extrem gebündeltes Licht.Zudem rankt sich auch ein großes Assoziationsfeld um das Laserlicht, mit Lasern wird operiert, selbst Stahlplatten können damit durchgeschnitten werden. Da gibt es ja sehr vielfältige Anwendungsgebiete im täglichen Leben. Aber irgendwie verknüpft sich der Gedanke an Laserlicht auch mit Gefahr. Und dazu passt Rot wohl am besten. Rot transportiert auch eine Idee von Hitze. Wenn man versucht in einen Laserstrahl zu fassen, was letztendlich nicht gelingt, weil er verschwindet, dann erwartet man, dass er heiß ist. Ich habe da in früheren Zeiten schon hineineingefasst und erwartet, dass es irgendwie piekst oder warm wird. Es ist aber ganz komisch, man spürt überhaupt nichts. Diese Widersprüchlichkeit finde ich faszinierend. In ganz normaler Atmosphäre sehen wir ja den Laserstrahl im Grunde nicht, nur die Punkte, wo er auftrifft. Aber durch feinen Dunst in der Atmosphäre kann der Strahl sichtbar gemacht werden. Er sieht dann aus, als hätte er Substanz, als wäre er ein Gegenstand.
„KI will ich meinen Installationen nicht überstülpen“
Wie wichtig ist die Choreografie im Brauereikeller-Parcours? Es sind ja mehrere Räume.
Ja, die Choreografie ist schon wichtig, sie wird aber auch ein bisschen durch die Dimension der Räume gesteuert. Ich hatte mir eigentlich einen anderen Weg überlegt, wollte die Installation, die jetzt im mittleren Raum gelandet ist, in den letzten Raum hineintransportieren, aber vor Ort hat es für mich nicht funktioniert, weil man dann durch die Installation gelaufen wäre, um am Ende mit der Nase vor einer schwarzen Wand zu hängen. Das ist nicht gut, wenn das Laserlicht so eingequetscht ist. Man muss einfach auch noch zwei, drei Schritte zurücklaufen können. Deswegen habe ich umdisponiert und die Lichtroboter und Laser, also die Irrlichter-Installation, in den letzten Raum gepackt. Und da mussten wir auch noch einmal Anpassungen vornehmen. Man sieht, es kann immer sein, dass reale Gegebenheiten vor Ort zu einer Änderung in der Choreografie führen können.
Sie arbeiten auch mit Nebel – ein besonderes theatralisches Moment?
Ich würde das gar nicht als Nebel bezeichnen, sondern als hauchfeinen Dunst. Das muss man sich auch nicht vorstellen wie eine Bühnenshow mit ordentlich Nebel aus irgendwelchen Maschinen. Der Dunst ist ganz, ganz fein und das ist auch wichtig so. Der Dunst wird durch einem Hazer erzeugt, der mit viel Druck und einem starken Ventilator alles gleichmäßig und möglichst superfein verteilt. Alle sagen, man sieht ja überhaupt keinen Nebel. Es geht ja auch nur darum, dass die Laserstrahlen sichtbar werden.
„Da kann man nicht sagen, was wird denn da an Energie verbraten“
Dunkelheit, Laserroboter, wie weit ist denn künstliche Intelligenz entfernt?
Künstliche Intelligenz? Gott, ja, die könnte man natürlich noch hinzufügen. Es steckt ja jetzt schon allerlei Programmierung da drin. Die Roboter sind voll programmiert, die treten alle einzeln auf und treten auch wieder einzeln ab. Das muss aber so sein, sonst finden sie ihre Ladeplätze nicht. Es gibt auch ein Objekt, in das ein Laserstrahl sozusagen eingesperrt ist und auch in diesem Glaskasten gibt es eine Programmierung. KI ist das noch nicht. KI ist ja gerade zwar in aller Munde, und angesagt, aber das will ich meinen Installationen nicht überstülpen.
Elektrizität bleibt aber der Motor für ihre Installation, oder nicht?
Stimmt. Mit Spucke kann ich die nicht betreiben, Kerzen helfen auch nicht. Strom bleibt der Motor, aber es ist so, vielleicht erwartet man das nicht, die Laser verbrauchen Strom im Milliwattbereich, also ein tausendstel Watt. 200 Milliwatt haben die Laser. Das ist total wenig. Da kann man nicht meckern und sagen, was wird denn da an Energie verbraten.
Touch the Light | bis 17.9. | Zentrum für Internationale Lichtkunst, Unna | 02303 103 751
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