Was wurde nicht schon alles über Künstler geschrieben. Ganz egal, ob Vivienne Westwood, Victor Hugo oder Picasso, ganz egal also, ob Mode, Literatur oder Malerei – Kunstschaffenden eilt ein Ruf voraus, der sie als schwierig, narzisstisch oder auch als exzentrisch darstellt. Eingenommen von sich selbst sei der Betrieb, seine Protagonisten verliebt in das eigene Spiegelbild und in das, was die (Welt-)Öffentlichkeit aus ihnen macht. Zyniker mögen in der Bereitschaft, horrende Preise für die – maßgeblich bildende – Kunst, auszugeben, nur einen weiteren Beweis der Selbstgefälligkeit des Kunstbetriebes sehen. Doch denken wir für einen Moment an das, womit und woran Künstler arbeiten, so scheint es doch viel eher in der Natur der Sache zu liegen, in der Natur des Künstlers, Selbst-Darsteller zu sein, das Innerste nach außen zu kehren, in welcher Form auch immer. Erst so, mit der ganz selbstverständlichen Bereitschaft, dem Gegenüber einen Einblick in das zu geben, was den eigenen Geist beschäftigt, erst so entsteht sie: Kunst. Gibt es dann also nicht Interessanteres an einem Künstler als seine Extravaganz? Was ist er oder sie, was hat ihn getrieben und wieso so?
„Ich ist ein anderer“, hieß es bei Rimbaud – doch wer genau? Und wie kommt es zu diesem Ich, wie entsteht es und durch welche Einflüsse? Die Ausstellung „Eye to Eye / Auf Augenhöhe“ im Kunstmuseum Bochum befasst sich genau mit dieser Thematik: 14 Künstler nehmen anhand von Gemälden, Plastiken sowie Audio-Aufnahmen den Besucher mit auf eine Reise ins künstlerische Selbst und lassen dabei die Grenzen zwischen „Ich“ und dem „Anderen“ verschwimmen. Gemeinsam mit der litauischen Künstlervereinigung Meno Parkas Galerie Kaunas und dem Westdeutschen Künstlerbund e.V. ist dem Kunstmuseum Bochum so eine Werkschau gelungen, die nicht selbstverliebt, sondern kritisch hinterfragend die Rolle des Künstlers und die Bildung der menschlichen Individualität zum Thema hat. Schließlich sorgen nicht zuletzt die Positionierungen der verschiedenen Werke für eine stille Kontemplation im Gegenüber.
Eye to Eye / Auf Augenhöhe | bis 3.12. | Kunstmuseum Bochum | www.kunstmuseumbochum.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Räume beleben
„Our house is a very very very fine house“ im Kunstmuseum Bochum – kunst & gut 01/24
Kunst zum Geburtstag
Das Kunstmuseum Bochum wird befragt
„Toll für die Stadt, dass wir dieses Museumsgebäude haben“
Kuratorin Julia Lerch Zajączkowska über die Jubiläumsausstellung des Kunstmuseums Bochum – Sammlung 11/23
40 Jahre Neubau
Jubiläum im Kunstmuseum Bochum
Alle mal spielen!
Takako im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 05/23
Das Rätsel des roten Steins
Inventur im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 02/23
Kulissen und Kojoten
Ian Page im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 10/22
Brauchtum im 21. Jahrhundert
„Von den Vorfahren geleckt“ im Bochumer Kunstmuseum – Kunstwandel 04/22
Vom Zeigen und Verschwinden
Sieben Künstlerinnen im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 01/22
Eine unerwartete Erbschaft
„Kunst lesen“ in Bochum
„Er war fürchterlich enttäuscht von Picasso“
Sepp Hiekisch-Picard über die Ausstellung zu Anselme Boix-Vives – Sammlung 09/21
Winzige Welten
Friederike Klotz im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 08/21
Intensive Blicke
Fotografin Annelise Kretschmer im MKK Dortmund – Ruhrkunst 03/24
Kultige Cover
Designagentur Hipgnosis in Oberhausen – Ruhrkunst 03/24
Unter unseren Füßen
Archäologie der Moderne im Ruhr Museum – Ruhrkunst 02/24
Diplomatie kreativ
Ingo Günther im Kunstverein Ruhr in Essen – Ruhrkunst 02/24
Ausdruck der Zeit
Expressionismus-Sammlung im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/24
Visionen von Gemeinschaft
„Wir ist Zukunft“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/24
Das bisschen Haushalt …
„Kochen Putzen Sorgen“ im Quadrat Bottrop – Ruhrkunst 12/23
Unorte im Fokus
„Die Stadt ist anderswo“ im Bochumer Museum unter Tage – Ruhrkunst 12/23
Konkret gemalt
„Colours and Lines in Motion“ in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 11/23
Auf nach Phantásien!
Illustrationen zu Michael Endes Geschichten in Oberhausen – Ruhrkunst 10/23
Im Herzen des Bunkers
Marianne Berenhaut in Recklinghausen – Ruhrkunst 09/23
Zur Liebe
„love/love“im Künstlerhaus Dortmund – Ruhrkunst 09/23
Auf Zeitreise
„Ein Blick zurück“ im Lehmbruck Museum in Duisburg – Ruhrkunst 09/23