Schon der römische Kaiser Augustus pflegte diesen Ausspruch: „Eile langsam! Ein vorsichtiger ist besser als ein waghalsiger Heerführer.“ Und Shakespeare legte diesen Sinnspruch seinem Romeo in den Mund, als Antwort auf seine geliebte Julia, die schnellstmöglich mit ihm durchbrennen will. „Wer hastig läuft, der fällt; drum eile nur mit Weil“, weiß Romeo.
Über die Jahrhunderte hat sich also in unser kulturelles Gedächtnis ein Ratschlag eingenistet, die Dinge zügig, aber nicht überhastet anzugehen. Und das klang schon immer schwierig umzusetzen. Dieses geflügelte Wort evoziert also einen Balanceakt, den die Choreografie „Haraka haraka haina baraka“ (dt: „Eile mit Weile“) durchexerziert, als eine Koproduktion der Cooperativa Maura Morales und MUDA Africa, ein professionelles Tanzzentrum in Dar es Salaam, wo junge Absolvent:innen den traditionellen und zeitgenössischen, afrikanischen Tanz studieren.
Gemeinsam zeigen sie im Rahmen des asphalt Festivals in Düsseldorf ein Tanzstück, das sich anhand der weiblichen Körperpolitik mit einer Schwellenerfahrung, einer Gesellschaft im Wandel auseinandersetzt, in der die bestehenden, sozialen und kulturellen Werte einem Aufbruch weichen. Eile mit Weile – das bedeutet in solchen Zeiten wohl vorzupreschen, ohne die gemeinschaftlichen Wurzeln auszureißen.
Die Cooperativa Maura Morales, die im Kern aus der Tänzerin und Choreografin Maura Morales sowie dem Komponisten und Musiker Michio Woirgardt besteht, hat seit 2010 bereits zahlreiche Bühnenstücke realisiert. Gemeinsam mit anderen Compagnien und Ensembles hat Maura Morales Choreografien konzipiert, die literarische Vorlagen wie José Saramagos „Die Stadt der Blinden“ oder assoziationsreiche Begriffe wie den Phobos oder die Kälte in ein exzessives Bewegungsvokabular und in energetischen, kraftvollen Tanz auflöste.
Elementarer Bestandteil der Cooperativa Maura Morales sind zudem die Kompositionen Michio Woirgardt, die meist live eingespielt werden, den Tempo und den Rhythmus der Aufführungen mal beschleunigen, mal verlangsamen. Und das verspricht sicherlich, auch zum existenziellen Spagat beizutragen, den der titelgebende Sinnspruch „Eile mit Weile“ eröffnet.
Haraka haraka haina baraka | C: Maura Morales | 3., 4., 5.7. | Weltkunstzimmer, Düsseldorf | 0211 23 94 97 98
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