Pfingsten ist, losgelöst betrachtet von der komplexen christlichen Märchenwelt, eigentlich ein Fest der Globalisierung: Als biblische Version der Sprach-Lern-App Bubble kam der Heilige Geist über die Jünger, befähigte sie in allen Sprachen der Welt zu sprechen um in einem bis heute andauernden Work&Travel-Projekt die frohe Botschaft in alle Welt zu verbreiten. So gesehen gibt es kein besseres Datum für das Multi-Kuti-Festival „Ruhr-International", als eben jenes Pfingst-Wochenende.
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Eine erlesene Auswahl an grandiosen Bands, kulinarische Entdeckungen vom Kongo bis Palästina, Theater und Film und das alles auf vier Bühnen rund um die Jahrhunderthalle im Bochumer Westpark – das noch recht junge Festival ist auf dem besten Weg, sich zu einem der wichtigsten Events im Bochumer Kulturjahr zu mausern. Und das liegt zuallererst an den Musikern: Bei der Bandauswahl spürt man, dass das Festival den Geist des Bahnhofs Langendreer atmet, der das Festival mitveranstaltet – multikulturell, bunt und nah an der Szene.
Fangen wir direkt mit dem musikalischen Highlight schlechthin an: Sie heißt Flavia Coelho, geboren in Rio de Janeiro, lebt in Paris und tourt mit ihrer Band durch ganz Europa. Sparen wir uns dämliche Folklore à la: „Als Brasilianerin hat sie den Rhythmus im Blut." Keine Ahnung, was die Frau in ihrem Blut hat, sicher ist aber: Jeglichen musikalischen Einfluss, der ihr im Leben begegnet ist, von Afro-Beat zu HipHop, von Funk zu Samba, hat die Frau mit der Löwenmähne eingesaugt, absorbiert um die geballte Energie wieder auf der Bühne abzugeben. „Chin Chin", singt sie ganz zum Schluss, gewidmet dem Freund Alkohol, vor dem Publikum durchlebt sie Rausch, Kater und Ekstase, in wenigen Minuten voller Power.
Gleich zwei Musik-Combos kamen aus Köln nach Bochum: Einmal eine rappende Delegation des HipHop-Labels Melting Pot Music, darunter der junge Veedel Kaztro, der die von Oldschool-Beats und Keep-it-Real-Apologeten geprägte HipHop-Szene am Rhein um ein gutes Stückchen lockere White-Trash-Attitüde bereichert. Außerdem stellten sich Koryphäen der Köln-Bonner Szene gemeinsam als „The Local Ambassadors" vor: Abi Odun, Mitbegründer der „Brothers Keepers", Newcomer Albert N'sanda und Melane Nkounkolo, die unter warmen Sonnenstrahlen Jazz mit Afro-Pop verschmelzen lässt.
Es ist nur ein kleiner Ausschnitt aus zwei Tagen Ruhr International: Auch das Prinz-Regent-Theater war mit zwei Aufführungen zu Gast: „Bilge Nathan", eine szenische Reflektion über das Integrations-Instrument Theater, und „Grubengold", das große Flüchtlingsprojekt des freien Theaters. Und die sozialen Projekte, wie beispielsweise X-Vision Ruhr, brachten zwar nicht die grandiosesten Musiker des Festivals auf die Bühne – es spricht aber für Ruhr International, dass hier Platz für Soziales ist. Einziges, kleines Manko des Festival-Wochenendes: Die Vielfalt, die auf vier Bühnen möglich wäre, wurde nicht ganz ausgereizt. Die kleine Bühne in der Turbinenhalle wurde am Samstag gar nicht bespielt, und auch auf der Bühne in der Jahrhunderthalle hätten noch einige Acts mehr Platz gehabt. Vielleicht im nächsten Jahr.
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