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Markstraße, Oberhausen, 1971
Foto: Rudolf Holtappel

Das Leben als Warenhaus

26. Februar 2015

Rudolf Holtappel in Oberhausen – RuhrKunst 03/15

Was passiert, wenn man in Münster geboren ist und in Duisburg aufwächst, sein Leben in der Ruhrstadt verbringt und als Fotograf unterwegs ist? Man kann seine Wurzeln nicht verleugnen und schaut mit einem Augenzwinkern auf die Menschen der Region. „Augenzwinkern“ heißt auch die kleine, aber herzerwärmende Ausstellung, die die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen Rudolf Holtappel (1923-2013) gewidmet hat. Seit 1953 war er als freier Bildjournalist unterwegs, als Theaterfotograf in Oberhausen, als Werkfotograf für Henkel und Karstadt.

Seine Bilder beschreiben in der Hauptsache eine vergangene Zeit, eine Ära der einst boomenden Wirtschaft mit all den Menschen, die sich darin verloren, die Zeugnis wurden, dass einst nicht alles besser war oder vielleicht doch. Entschleunigte Zeit, gefrorene Augenblicke, Holtappels Fotos machen irgendwie glücklich; schon die erste Aufnahme des Luftschachts der Zeche Hugo in Gelsenkirchen Buer von 1963 tut dies. Ja, ich sehe den Förderturm – aber ich sehe auch das Heck des Ford Taunus 17 M, genannt „Die Badewanne“. Die Zukunft hatte schon begonnen, Holtappel schoss fünf Hähnchen, die an einer Wäscheleine baumelten (o.J.), während die Henne langsam von dannen schlich. Der Fotograf mischte sich immer unter seine Motive, oft scheint es als säße er daneben, wenn das ältere Ehepaar sich vor Karstadt in Hamburg ausruht (1990), beide stecken gerade etwas in den Mund, er die Filterzigarette, sie wohl ein Würstchen. Für die situative Bewegungsreihung hatte er wohl einen besonderen Blick, für den kleinen Moment, der alles verändert, wenn sich auf der Oberhausener Einkaufsmeile 1971 Gastarbeiter und schreitende Mode begegnen, da das sittsame Kopftuch, hier die viel zu knappen Hotpants. Schauen und grinsen. So ein Damenpullover kostete damals in Sommerschlussverkauf nur 9,75 DM.

 

Dann wieder Respekt für die Maloche am Hochofen, Freude über eine frühe Aufnahme (1968) vom unvergessenen Ulrich Wildgruber, die Kurzfilmtage mit Günter Grass und ein schickes Portrait von Peter Handke am Theater Oberhausen. Ein Chronist aus Bildern, die man genießen kann.

„Rudolf Holtappel – Augenzwinkern“ | bis 3.5. | Ludwiggalerie, Oberhausen | 0208 412 49 28

PETER ORTMANN

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