Selten sind fotografische Bilder auf so grandiose Weise so still und zurückhaltend. Die Ausstellung von Bernhard Fuchs in Bottrop ist gerade in ihrer Bescheidenheit, ihrer Verdichtung und Genauigkeit ein Erlebnis. Nichts ist zu sehen, was für Aufsehen sorgt, keine Menschen, nichts Ungewöhnliches. Die fast quadratischen Formate sind eher klein; in Bottrop hängen sie in gleichen Abständen nebeneinander. Einzelne Wandelemente unterstreichen, dass die Aufnahmen einer Serie angehören, aber doch autark sind. Zu sehen ist die Natur eines Waldgebietes. Die Bilder zeigen Baumstämme, Äste und Blätter, wobei die Rinde mit ihren Rissen hervorsticht. Felsgestein ist mit einem Flaum Schnee oder mit grünem Moos überzogen. Einmal ist ein tief schwarzes Gewässer zu sehen, die Ränder sind vereist. Und einmal ist der Blick in den Nachthimmel gerichtet, wo der Mond hinter Gewölk verschwindet. Die Töne der Natur sind erdig, mit Abstufungen zwischen Grün und Braun, beeinflusst durch die Witterung und die Tageszeit, das Licht. Natürlich hat das alles etwas Verwunschenes, umgekehrt ebenso: sozusagen einem Geheimnis auf der Spur.
Die Natur erhält hier, komponiert im Bildformat, eine einmalige stoffliche Präsenz. Es kann ja nicht anders sein, als dass der österreichische Fotograf den Ort wie seine Westentasche kennt, dass er immer und immer wieder hier war und auf diese Weise die Aura einfangen und die Gegend porträtieren konnte, so dass es uns alle berührt und grundsätzliche Fragen unserer Existenz aufwirft und Inneres im Außen widerspiegelt.
Ausgestellt ist in Bottrop die Serie „Mühl“, die Bernhard Fuchs zwischen 2014 und 2019 in seiner Heimat, dem oberösterreichischen Mühlviertel, aufgenommen hat. Zu seinem Verfahren, die Natur von nahem zu fotografieren, hat er geschrieben: „Je weiter sich die Orte und die Erfahrungen mit den prägenden Elementen meiner Herkunftsgegend entfernen, so näher kommt es mir vor, an sie herantreten zu wollen.“ Bereits in früheren Ausstellungen hat sich Fuchs dieser Gegend zugewandt. Das waren die „Straßen und Wege“ (2009) und die „Waldungen“ (2014), die beide in die Weite schauen und noch die Eingriffe des Menschen und die Topographie verdeutlichen. Bildnisse der Bevölkerung inmitten der Natur waren schon 1996 im Westfälischen Kunstverein Münster ausgestellt. Heinz Liesbrock hat damals im Katalog geschrieben, „seine Bilder berichten … auch von dieser intimen Bekanntschaft mit der Landschaft: jeder Punkt ihrer Fläche scheint getränkt mit dieser besonderen Aufmerksamkeit.“
Geboren 1971 in Haslach an der Mühl, begann Bernhard Fuchs ab 1993 in der Fotoklasse von Bernd Becher an der Kunstakademie in Düsseldorf zu studieren. Die Ausstellung in Münster war seine erste institutionelle Schau, mittlerweile ist er in der Fotoszene hoch angesehen. Im Museum in Bottrop hat er wiederholt ausgestellt – was ein Glücksfall für alle Seiten ist, so lässt sich die Entwicklung dieser so konsequenten Arbeit weiter verfolgen. Ein bisschen erinnert das Werk, für das die Publikation in Buchform eminent wichtig ist, an einen Roman: in fotografischen Bildern, weil die Sprache da kaum hin gelangt.
Bernhard Fuchs: Mühl | bis 8.11. | Josef Albers Museum. Quadrat Bottrop | 02041 297 16
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