Der Kampf um die Kunst und ihre Präsentation ist längst entbrannt. Museen konkurrieren weltweit um die Gunst von Sponsoren und den Inhalt von Fördertöpfen jedweder Art. Es ist wie im Fußball: Wer das meiste Geld, hat die meiste Aufmerksamkeit, damit die beste Vermarktung und die meisten Besucher. Wer das meiste Geld hat, vergrößert seinen Kader. Die Kunst selbst hat ihre Tempel längst verlassen und sich angewidert zurückgezogen. Mit ihr hat diese Maschinerie aus Pseudowissenschaft, Kuratorengehabe und Turbo-Kapitalismus nichts mehr zu tun. Bei dem Begriff „digitales Instrument für kuratierte Kunst im Netz“ stellen sich natürlich erst einmal die Nackenhaare hoch. In 15 Themen soll der User (ja nichts mehr mit Besucher) den Leitthemen der Kunst der Moderne und der Gegenwart folgen, wie bei einer Führung, nur jetzt in virtuellen Ausstellungen. Der Tod des Originals, die Magie des Werkes in Natura perdu? Nein eigentlich nicht, denn so weit reicht der Arm des von der NRW-Landesregierung geförderten Projekts glücklicherweise nicht. Wenn man die museumsplattform nrw auf die nackte Leinwand zurückschrubbt, dann bleibt im Grunde eine unvollständige Datenbank der jeweiligen Museumsdepots übrig und – das ist schon ein echter Mehrwert für den Bürger, oder wissen Sie, der sie des Lesens noch willens und mächtig sind, was in den Kellern dieser verarmten Kulturtempel noch alles schlummert?
Nur mal so ein Bonbon. Als der Galerist Paul Maenz 1990 seine Galerie schloss und von Köln nach Berlin ging, da hinterließ er seinem Geburtsort-Museum ein kleines Konvolut Arbeiten der 80er Jahre. Kaum Highlights, zugegeben, aber doch gute Arbeiten sehr guter Künstler. Zwei Dutzend Werke, natürlich viel kinetische Kunst, ist auf der Plattform-Seite des Museums Gelsenkirchen zu finden, nichts vom geschenkten Konvolut. Kann ja noch kommen. Denn das bestehende Angebot, die eigene digitale Ausstellung des Museums zu kuratieren und sich darüber mit anderen auszutauschen, wird ab dem Herbst systematisch weiter ausgebaut. Daneben werden fortlaufend neue Künstler, Werke und Museen aufgenommen. Und eigentlich soll der digitale Vermittlungsansatz auch den „normalen“ Weg in die Museen selbst unterstützen.
Was allerdings im September startet, ist im Grunde genommen ein Anachronismus: die Rückkehr der kulturellen Webmaster ins Analoge. Nach der Geburt der Datenbank 2006 und ihrem zähen Aufbau bieten nun geführte Bustouren die Gelegenheit, mehrere Museen in NRW an einem Tag zu besuchen und intensiv kennenzulernen durch Führung und Handschlag durch den Museumsdirektor. Mit dem Kunstmuseum Bochum und dem Museum Ostwall im Dortmunder U fährt der „museumsbus nrw“ dann zwei Häuser an, die zu den frühen Partnern der „museumsplattform nrw“ gehören. Fast 40 Werke aus Bochum und etwa 100 Arbeiten aus Dortmund sind auf der Plattform virtuell zu besuchen. Wie viele es an diesem Tag haptisch sein werden, bleibt abzuwarten, lecker Mittagessen ist aber inklusive. Ich denke mal mit Blick über das „Tor zum Sauerland“.
Museumsplattform nrw | www.nrw-museum.de
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