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Atemberaubende Szenen bei URBANATIX - Outside the Box
Foto: NYP Photography

Musik visualisiert

21. November 2014

Die Stadt in den Ohren bei URBANATIX - Outside the Box

Treffen sich zwei Franzosen, einer im Frack und einer verkabelt mit neun Haartrocknern… Weniger sportlich, dafür umso kurioser und humorvoller stellen sich Antoine Terrieux und Julien Mandier in noch nie dagewesenen Experimenten allen möglichen physikalischen Herausforderungen. Im Zuschauerraum ist nichts zu hören außer dem menschlichen Fön auf der Bühne. Damit sind „Blizzard Concept“ aus Frankreich die einzigen Artisten, die bei URBANATIX ohne musikalische Untermalung auskommen.

URBANATIX – Outside the Box! So lautet das diesjährige Motto der weltweit einzigartigen Show mit internationalen und lokalen Künstlern. Wie schon in den letzten Jahren bietet die fünfte Runde ein Fest für die Sinne: Tänzer und Akrobaten verkörpern und vermitteln auf spektakuläre Art und Weise das Gefühl der Großstadt. Die gewaltigen Bässe kann man nicht nur hören, sondern auch spüren. Von Anfang bis Ende nehmen die Akteure das Publikum für sich ein und begleiten es auf einer Reise durch die nächtliche Großstadt. Wer den Blick für einen Moment von der Bühne abwendet, hat etwas verpasst. Doch das Event überzeugt nicht nur visuell: die imposante Bühnenshow mit aufwendigen Lichteffekten und 3D-Mappings überlässt auch musikalisch nichts dem Zufall. Wer URBANATIX besucht, hat für 100 Minuten die Stadt in den Ohren.

Schon am Eingang werden Ohrenstöpsel angeboten, denn hier erwartet die Zuschauer keine Lagerfeuergitarre. Das musikalische Konzept ist bei URBANATIX ebenso durchdacht wie das visuelle – womöglich sogar noch mehr. Denn wozu sollen Tänzer tanzen, wenn nicht zu Musik? Drei Meter hohe Podeste an jeder Seite der Bühne gehören nur den Schlagzeugern Jonas Wilms und Dennis Brzoska, zwei gefragten Musikern aus der Jazz- und Rock-Szene. Sie spielen an riesigen Drumsets live zu Musik vom Band oder auch einfach allein. Die Show eröffnen sie solistisch zur Tanz-Performance des japanischen „Locking“-Duos „Hilty & Bosch“. Die schwierige Aufgabe, ohne Sichtkontakt zum jeweils anderen keinen Einsatz zu verpassen, meistern beide perfekt. Eine weitere Herausforderung bildet das Begleiten der Musik aus den Lautsprechern, an die sie sich anpassen müssen. Jonas und Dennis sind Profis und liefern eine fehlerfreie Show auf höchstem Niveau.

Jonas Wilms begeistert am Schlagzeug aus Plastik- und Metalleimern, Foto: Frank Oppitz

Die Stadt musikalisch interpretieren – das ist seit 2010 die Aufgabe von Sebastian Maier, der für den Soundtrack von URBANATIX zuständig ist. Gemeinsam mit den Artisten hat er es geschafft, einen nächtlichen Gang durch die Stadt zu inszenieren. Dabei begegnen den Zuschauern energiegeladene Beats und basslastige Elektrosounds, aber auch ruhige, nachdenkliche und inspirierende Melodien. Zusätzlich wird dem Publikum eine große Bandbreite an Genres vorgestellt, die maßgeblich zur Bildung moderner Tanzstile beigetragen haben und aus der urbanen Musikszene nicht mehr wegzudenken sind.

Erwartungsgemäß überwiegen bei URBANATIX intensive, tanzbare Stücke mit viel Synthesizer und Bass. Hip Hop-Tänzer und Parkourer stimmen ihre Choreographien auf Dance und Drum ’n‘ Bass ab und liefern schnelle, kraftvolle Tanzstile. Besonders beliebt ist auch Dubstep: zu Porter Robinsons „Spitfire“ tanzen die URBANATIX-Street Artisten vor einer Leinwand, auf die passend zum Lied Blitze projiziert werden. Die Musik wird visualisiert. Und nicht nur intensive Rhythmen werden auf der Bühne inszeniert. Ruhige Momente sind durch sinnliche Akrobatikshows wie den „Multicordes“ von Charlotte de la Breteque oder dem „Fix and Flying Pole“ von dem Duo „Foucauld und Vanina“ geboten. Letztere spielen eine Liebesgeschichte auf artistisch einzigartige Weise an zwei Vertikalstangen zu der Ballade „Say Something“ von A Great Big World. Hier dominieren fließende Bewegungen und berührende Szenen. Wenn die Biker mit ihrem BMX-Rädern über die Halfpipe brettern, gibt es Rockmusik auf die Ohren, und die Beatboxer Carlos Howard und Philipp aus dem Siepen liefern Rhythmen und Melodien mit beeindruckender Intensität und in atemberaubendem Tempo.

Mit URBANATIX macht der Zuschauer einen Gang durch die Großstadt und begegnet dabei den verschiedensten Menschen und Subkulturen, die vom Outfit über die Bewegung bis hin zur Musik treffend dargestellt werden. Dabei entsteht nicht einen Moment lang eine Lücke: die Übergänge sind fließend oder auch plötzlich, die Darbietungen beruhigend oder auch elektrisierend, und nicht einmal wird der Zuschauer losgelassen.

Bei all den musikalischen Meisterleistungen mit Dolby-Surroundeffekten sind Ohrenstöpsel aber tatsächlich zu empfehlen – wobei für manche der Hörschaden zu einem gelungenen Großstadtabend ja dazugehört.

URBANATIX – Outside the Box | Fr 21.11. 19 Uhr, Sa 22.11. 17 + 20 Uhr, So 23.11. 18 + 20:30 Uhr, Mo 24.11. 19 Uhr, Di 25.11. 19 Uhr | Jahrhunderthalle Bochum

Rika Talsinn

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