Kaum zwei Jahre nach ihrer Eröffnung hat sich die Neue Galerie Gladbeck im Kunstgeschehen in NRW etabliert, weit über das Ruhrgebiet hinaus. Natürlich konnte sie auf der Arbeit ihres Vorläufers, der Städtischen Galerie im Rathauspark, aufbauen, aber doch sind nun der Ausstellungsraum und die Konsequenz im Programm bemerkenswert. Als zentrales Anliegen hat sich die figürliche Malerei einer jüngeren Generation herauskristallisiert – aus einer reichlich unaufgeregten Perspektive. Denn die hier ausstellenden Künstler haben bereits ihre Position geklärt; aktuelle Shooting-Stars hat dieses Programm nicht nötig.
Gleichwohl befindet sich Ruprecht von Kaufmann, vertreten von zwei engagierten Galerien, kurz vorm großen Durchbruch. Die Ausstellung in der Neuen Galerie Gladbeck ist die erste institutionelle Einzelausstellung des 1974 in München geborenen und in Berlin lebenden Malers. Sie fasst die wesentlichen Aspekte seiner Kunst zusammen. Kaufmann malt realistisch, er verschränkt Interieur mit Landschaftsraum und lässt hier Figuren agieren; dabei hat er ein Faible für den sichtlichen Vortrag der Malmaterie. Aus seiner Kenntnis der Kunstgeschichte, aber auch – und das ist für seine Bilder wichtig – seiner Bildung in Mythologie und Zeitgeschichte entwickelt er virtuose und doch gebrochene Darstellungen. Inhaltlich erreicht er dies über die Collage, mit der er unterschiedliche Motiv- und Perspektivebenen verknüpft; formal im partiell pastosen Auftrag der Malerei und im Verschleifen ganzer Partien zum Gegenstandsfreien hin, bis hin zum faktischen Aufbrechen der Leinwand. Das geht in Gladbeck so weit, dass die Leinwand eingeschnitten und nun ohne Keilrahmen an die Wand und in den Ausstellungsraum gehängt ist. Wichtiger aber sind die Tafelbilder, die in einer meist zwielichtig nebeligen Tonalität merkwürdige Szenen zeigen, Menschen, die im Boot fahren, ein Rhinozeros und Tierwesen, einen weiblichen Akt auf einer Couch – Situationen, die sich im letzten nicht klären lassen, dabei gekonnt Stofflichkeit und Licht einfangen und Figur in beeindruckend genauer Leiblichkeit zeigen.
Für einen vertiefenden Einblick in die Qualitäten von Kaufmanns Malerei sei übrigens die zeitgleiche Ausstellung seiner aktuellen Gemälde bei Rupert Pfab in Düsseldorf empfohlen. Sie enthält auch kleinformatige malerische Studien zum zentralen Bild wiederum der Gladbecker Schau. Und hier wird noch weiter deutlich, dass Kaufmann in der Malerei ein Alleskönner ist, der souverän mit der Evokation von Atmosphäre und dem Anreißen von Erinnerung und Gegenwart handelt und schlagartig wieder alles zurücknehmen kann. Er ist ein Realist mit Zweifeln an der sichtbaren Wirklichkeit.
Ruprecht von Kaufmann: Zwischenzeit I bis 4.11. in der Neuen Galerie Gladbeck I www.neue-galerie-gladbeck.de
Außerdem bis 5.11. in der Galerie Rupert Pfab in Düsseldorf I www.galerie-pfab.com
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