Das Osthaus Museum zeigt derzeit einen Teil von Junior Toscanellis aktuellem Bilderblock, sozusagen als Museum im Museum. Präsentiert im seriellen Raster, sind Paraphasen von Meisterwerken der Kunstgeschichte zu sehen. Sie besitzen sämtlich das (fast quadratische) Format 25 x 22 cm, weshalb die Darstellungen teils inmitten des weißen Grundes sitzen. Teils sind sie schwarz-weiß. Die Malerei selbst ist souverän realistisch, aber ohne ins Detail zu gehen, dabei leicht expressiv. Es geht mehr um Zügigkeit als um Gewissenhaftigkeit. Die „intuitive Übersetzung“ führt zur Erkennbarkeit und zur Erkenntnis, dass es sich hier um „Bausteine der Weltmalerei“ (J. Toscanelli) handelt.
Junior Toscanelli – welch‘ ein Name! Der Dandy scheint hier gepaart mit einem, der Demut vor den Größten seines Fachs hat und ihnen vielleicht sogar nacheifert. Schon immer schürfte Toscanelli, das Malgenie der einstigen Düsseldorfer Akademieklasse von Markus Lüpertz, nach dem Potential der Malerei in seiner Tradition und seiner gegenwärtigen Präsenz. Der Einstieg des 1971 geborenen Künstlers waren großformatige Paraphrasen der Kunstgeschichte, mit denen er schon 1996 zu einer Ausstellung im Kunstverein in Düsseldorf eingeladen wurde. Zuletzt trat er in der Region mit abstrahierend linearen Zersetzungen der Figur auf, 2011 im Lehmbruck Museum Duisburg. Ein Aspekt ist bis heute das „Erzählen über Bilder der Vergangenheit“ (Tayfun Belgin). Es ist konsequent, dass sich Toscanelli nun der Geschichte der Malerei mit einem Hang zur Vollständigkeit zuwendet.
Seit 2013 arbeitet er an der malerischen Aneignung der Reproduktionen in Kindlers Malerei Lexikon. In sechs Bänden erschienen 1956 bis 1964, enthält es 4200 Gemälde aus allen Epochen: für Generationen von Künstlern und Kunstgeschichtlern das Maß aller Dinge. Toscanelli hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, alle Bilder zu malen, nach der Vorlage in den Büchern. Es ist ein Konzept und eine Hommage an die Geschichte der Malerei, nicht ohne die Feststellung, dass sich Junior Toscanelli ihr so intensiv wie kaum ein anderer Künstler widmet: Willkommen im Club!
„Junior Toscanelli – Malereilexikon“ | bis 13.11. | Osthaus Museum Hagen | 02331 207 31 38
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