Spricht man von rassistischer Polizeigewalt, so denken die meisten wahrscheinlich sofort an die USA. Durch ihre lange Geschichte der Sklaverei, Unterdrückung und Apartheid haftet den Vereinigten Staaten der Ruf an, dass rassistische Strukturen auch heute noch die institutionelle Arbeit prägen. Ein Ruf, der sich statistisch belegen lässt: Schwarze Menschen machen nur 13 Prozent der Bevölkerung aus und werden dennoch doppelt so häufig erschossen wie weiße Personen. Auch das Phänomen des racial profiling wird schon lange kritisiert, ebenso wie die brutalen Methoden, mit denen die Polizei gegen Unbewaffnete vorgeht. Insbesondere die Ermordung des Afroamerikaners George Floyd löste so eine weltweite Welle der Empörung aus und resultierte in den Black Lives Matter-Protesten. Der Diskurs rund um Polizeibrutalität hat dabei längst auch Europa erreicht. In Frankreich gingen bereits 2020 Videos viral, welche rassistische Gewalt von Beamt:innen dokumentierten. Blickt man heute auf die Niederschlagung der Rentenproteste, so hat sich bezüglich der Vorgehensweisen der französischen Polizei seitdem wenig geändert – ein Umstand, der auch dem Europarat Sorge bereitet. Auch in Deutschland wurde wiederholt auf rechtes Gedankengut innerhalb der Exekutive hingewiesen, doch von weitreichenderen Protesten wurde das Land bislang verschont – doch warum eigentlich?
Am 8. August 2022 wurde der 16-jährige Mouhamed Dramé im Innenhof einer Dortmunder Jugendhilfeeinrichtung erschossen. Der Geflüchtete aus dem Senegal hatte ein Messer bei sich, mit dem er sich möglicherweise das Leben nehmen wollte – er hatte aufgrund seiner Traumata wiederholt Suizidabsichten geäußert. Als ein Zeuge die Polizei alarmierte, erschienen zwölf Beamte, vier von ihnen in Zivil, und griffen den Teenager mit Pfefferspray und Tasern an und erschossen ihn schließlich mit einem Maschinengewehr. Ob Dramé mit dem Messer gedroht hatte, blieb ungeklärt, aus dem Polizeifunkverkehr und Zeugenaussagen ging jedoch keine Beobachtung von aggressivem Verhalten des Jugendlichen hervor.
Welche Mittel gibt es also gegen rassistische Polzeigewalt und die Brutalität der Einsatzkräfte im Allgemeinen? Ein populäres Instrument sind die sogenannten Body-Cams, die das Verhalten von Bürger:innen und Beamt:innen gleichermaßen dokumentieren – eine Strategie, die auch in NRW umgesetzt wird. Unter dem Slogan „Defund the Police“ gehen einige Gruppierungen und Kommunen in den USA noch weiter und fordern tiefergehende Reformen und Entzug der Finanzierungsmittel – oder sogar die gänzliche Abschaffung der Polizei. Doch wie ließen sich bei einer derartig anarchistischen Entscheidung noch Verbrechen bekämpfen? Braucht es dafür nicht eine Autorität, vielleicht sogar eine bewaffnete? Am Nordpol Dortmund sprechen ein Mitarbeiter des Krisendienstes Berlin, eine Sozialarbeiterin aus Dortmund sowie Prof. Dr. Schiffer-Nasserie (EVH Bochum) über den Einfluss von psychiatrischen Institutionen auf marginalisierte Gruppen und Alternativen zum Polizeinotruf durch Krisenintervention.
Krisenintervention statt Polizei? Transformative Perspektiven auf Soziale Arbeit | 29.4. 17 Uhr | Nordpol Dortmund | nrw.rosalux.de
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