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An Weihnachten müssen die Leute nicht arbeiten, bedauert Charles Dickens' geiziger Scrooge
Foto: Mars Lewis/Adobe Stock

Gleiches Recht für alle!

27. November 2025

Teil 1: Leitartikel – Aufruhr von oben im Sozialstaat

Regentröpfchen, Weißröckchen: Weihnachten steht vor der Tür! Das Fest der Liebe und Versöhnung. Eine Zeit, in der es zusammenzuhalten gilt, zu spenden, sich zu solidarisieren. Eine Zeit, zu der Geben seliger ist denn Nehmen. In der unser Blick all jenen gilt, denen es schlechter geht als einem selbst. Vor allen eben jenen: den Reichen! Ja, den Reichen und Superreichen gilt dieser Tage unsere Anteilnahme. Denn Reiche mögen reich sein, aber sie haben ja sonst nichts. Was nützt mir der ganze Zaster, wenn mir bloß Neid und Missgunst widerfahren und ich undankbaren Institutionen ausgeliefert bin, die mich bis aufs Blut besteuern wollen. Obwohl ich so viel tue fürs Land, Arbeitsplätze schaffe, mondän Anwälte und Lobbyisten entlohne. Jaja, die Reichen, sie haben ja nichts außer Geld. Wobei, eines haben sie doch noch, und davon nicht zu wenig: Angst! Reiche haben unglaubliche Angst. Angst davor, arm zu sterben! Man hält das nicht für möglich, was für eine Angst das ist. Angst vor dem Absturz. Statusangst. Man muss sich das mal bildlich vorstellen: Wie die Reichen ständig Angst haben! Das wünscht man doch niemandem. Die haben so viel zu verlieren, die Reichen – so viel mehr zu verlieren als wir! Da muss man doch bitte empathisch sein. Es ist Weihnachten, Leute!

Ob arm, ob reich: alle gleich

Wie aber soll man Reichen sonst helfen, wenn ihnen eine Geldspende schon nichts hilft? Nun, den Reichen wäre schon geholfen, wenn nicht auch noch die Ärmeren jammerten. Das löst den Druck. Vor allem das mit dieser Neiddebatte, rund um die Ausnahmen bei der Erbschaftssteuer für Superreiche, muss jetzt mal aufhören. Gleiches gilt schließlich mit Gleichem vergolten: Wenn ich nichts kann für meine Armut, dann darf ich gefälligst auch als Erbe nichts dafür können dürfen für meinen Reichtum! Auch die Würde der Reichen ist unantastbar: Ob arm, ob reich, wir sind alle gleich. Was sagt der Volksmund noch so: Von nichts kommt was – will sagen: Existenzminimum und Existenzmaximum ist einerlei! Wer nichts tut und erbt, gehört ebenso legitim privilegiert wie der, der nichts tut und Sozialleistungen abzwackt. Der Unterschied: Der Arme gibt sein Geld direkt wieder aus, es hat für ihn keinen Wert, für ihn ist Kohle Asche. Der Reiche hingegen vererbt und bewahrt den Mammon, und da muss die Frage gestattet sein: Wer tut hier bitte mehr für die Stabilität in unserem Land? Apropos: Wie soll das Land stabil bleiben, wenn die Arbeiterschaft ständig mehr Lohn fordert? Wollen die da unten jetzt auch noch alle reich sein? Wo soll das denn bitte hinführen? Reich zu sein muss sich wieder lohnen!

Angst unten, Angst oben

Nein, wir müssen demütig bleiben. Angst haben wir doch alle irgendwo, selbst als Unreiche. Angst oben, Angst unten, Ängste überall – deswegen sind wir vermutlich so solidarisch und nachsichtig mit den reichen Einflussreichen. Und natürlich weil jene so beflissen unseren Argwohn schüren auf die, die noch weniger haben. So ist das nun mal: Die wahre Bedrohung für alles und jede und jeden, das verklickern uns unverblümt aggressiv neben AfD auch FDP und CDU/CSU, kommt von ganz, ganz unten: „Grundsicherungs“-Empfänger, Aufstocker und – geht immer: Flüchtlinge. Die halt, die gar nichts haben, aber alles können. Schmarotzen, maroden und Arzttermine wegnehmen, zum Beispiel. Und dann gehen die auch noch vor die Tür und verschandeln unser Stadtbild. Wie sieht denn das bitte aus! Für uns indes ist das Problem mit dem Stadtbild ein anderes: die unerbittlich wiederkehrenden Wahlkampfplakate von AfD, FDP und CDU/CSU.

Hartmut Ernst

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