Russian Ark
Deutschland/Rußland 2002, Laufzeit: 95 Min., FSK 0
Regie: Alexander Sokurow
Darsteller: Sergej Dreiden, Maria Kusnetsowa, Leonid Mozgowoi, David Giorgobiani, Maxim Sergejew, Mikhail Piotrowski
Zum Zeitpunkt der Beendigung des Militärdienstes ließ sich in den letzten Jahren zur Sommerzeit in Petersburg eine aufschlussreiche Situation beobachten: Die nach einem für ein letztes Erinnerungsfoto würdigen Monument suchenden Männer versammelten sich, da Marx und Lenin ausschieden, schließlich in Scharen vor dem Denkmahl Katharina der Großen, die für sie letzte Zufluchtsstätte einer möglichen kulturellen und nationalen Identität.Die russische Geschichte zwischen Traum und Wirklichkeit, dargeboten als schwebender Tanz durch die Jahrhunderte, zwischen distanzierter Ironie und aufrichtiger Suche nach nationalen Werten und Ikonen ist Thema und Stil auch in Alexander Sokurows in Cannes präsentiertem Werk "Russian Ark."Hier begegnen wir Katharina II wieder, Peter dem Großen, der letzten Zarenfamilie Nikolaus II, dem Einbruch des Ersten Weltkrieges bis hin zu Gestalten der Gegenwart. Die rauschhaft hypnotische Reise vollzieht sich in eine einzigen, ununterbrochenen Kamerafahrt, einer der längsten der Filmgeschichte. Ganze 96 Minuten durchquert die ebenso intuitiv wie verspielt geführte Kamera Tilman Büttners ohne jeden Schnitt die 33 Räume der St. Petersburger Eremitage. Sie vollzieht 360 Grad Schwenks, mischt sich ins Geschehen, geht wieder auf Distanz, vermittelt leichthin die Illusion eines Zeitzeugen, vor dessen Augen an die 2000 Protagonisten russischer Geschichte der letzten 300 Jahre vorbeidefilieren. Allein diese monatelang vorbereitete und höchste Perfektion einfordernde Performance markiert das Werk als Eckstein der Filmgeschichte.Ein unsichtbar bleibender Erzähler, synchron mit dem Blick der Kamera, trifft auf den ebenfalls zeitfremden französischen Diplomaten Marquis de Custine. Gemeinsam flanieren sie an den kostbarsten Gemälden der europäischen und russischen Kunstgeschichte entlang, kommentieren sie lapidar, lassen sich wieder gefangen nehmen vom um sie tobenden Treiben, beobachten intime Situationen und finden Einlass zu einem fürstlichen Ball. Ihr Pfad führt sie gleichfalls auf Abwege, in verbotene Nebenräume, verleitet sie zu Exkursen und unbefangenen Reflexionen.Die russische Geschichte wird durchschritten in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mal verharrend, mal durch die Zeiträume rasend... die Kamera Büttners schafft sich ihren eigenen Rhythmus und Kosmos der Aneignung und Abstoßung. Sie transformiert Geschichte zu einem zur Nostalgie einladenden Bilderbuch, dessen Personal für immer verloren und einer Traumwelt übergeben ist. Ein weiteres Mal erweist sich Alexander Sokurow als Meister der Elegie ("Elegie einer Reise" (2001) / "Östliche Elegie" (1996) / "Petersburger Elegie (1989)), subtiler Einklager kollektiver Erinnerung und hymnischer Sänger einer für immer verlorenen Zeit.
(Dieter Wieczorek)
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Viel Spaß beim Film“
Vom Ende der Platzanweiser:innen – Vorspann 04/24
The Monk And The Gun – Was will der Lama mit dem Gewehr?
Start: 1.8.2024
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Was läuft im Kino?
Über die Programmierkunst echter und gespielter Helden – Vorspann 03/24
Bären für NRW-Filme?
21. NRW-Empfang im Rahmen der 74. Berlinale – Foyer 02/24
Andrea lässt sich scheiden
Start: 4.4.2024
Morgen ist auch noch ein Tag
Start: 4.4.2024
Ein Glücksfall
Start: 11.4.2024
Irdische Verse
Start: 11.4.2024
La Chimera
Start: 11.4.2024
Evil does not exist
Start: 18.4.2024
Sterben
Start: 25.4.2024
Zwischen uns das Leben
Start: 1.5.2024
Bad Director
Start: 9.5.2024
Furiosa: A Mad Max Saga
Start: 23.5.2024
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
Führer und Verführer
Start: 11.7.2024
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Prognose: Lachstürme
Die Komödie findet endlich ins Kino zurück – Vorspann 02/24
Das Licht
Start: 17.10.2024
Filmgeschichten, die das Leben schreibt
Neue Dokumentarfilme aus einer verrückten Welt – Festival 01/24
Emanzipation und Alltag
Starke Protagonistinnen im Januar – Vorspann 01/24
„Versagen ist etwas sehr Schönes“
Regisseur Taika Waititi über „Next Goal Wins“ – Gespräch zum Film 01/24