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„Supernova“
Foto: Birgit Hupfeld

Fauler Schwarzwald

28. Juni 2012

„Supernova“ im Essener Casa - Theater Ruhr 07/12

Die Welt ist eine Manege, und darin tummeln sich wilde Tiere und ihre Dompteure. Das ist in Philipp Löhles „Supernova“ nicht anders. Die skurrile Schwarzwald-Saga hat Katja Blaszkiewitz jetzt in der kleinen Essener Casa inszeniert. Folgerichtig werden im Bühnenbild keine Tannen aufgebaut, sondern die Manege mit Sägespänen gefüllt. Zwei Plexiglas-Kammern ersetzen Haus und Hof, die Schauspieler scheinen einer Freakshow entsprungen.

Es wird eine Kapitalismus-Kritik der vergnüglichen Art. Spielfreude und Regie auf kleinem Raum, dazu manch Interaktion mit dem Publikum (eine Dame hat dabei sogar zehn Euro erbeutet) machen den Abend schnell und visuell außergewöhnlich. Blaszkiewitz hat den Schauspielern eine anspruchsvolle Choreografie verpasst, die sie in Atem hält. Insbesondere Lisa Jopt muss immer zwischen ihren Rollen als erfolgreiche Immobilienmaklerin und Freundin und Conferencier wechseln.

Im Grunde sind alle gierig in Löhles dreiteiligem Werk, das mit projizierten Übertiteln strukturiert wird. Es geht los mit „Fick das System“ und endet mit dem „Schluss“, natürlich nicht ohne ein Kapitel „Ende vor dem Schluss“. Die Handlung ist nur vordergründig absurd. Friedrich, der ewige Praktikant (Jens Ochlast) hat seinen Staus satt, will endlich in die Festanstellung, sich nicht mehr von der Freundin aushalten lassen. Sein Chef Berry (Jan Pröhl), ein mieser Dompteur, der allerdings die Klaviatur des Geldscheffelns beherrscht, hält davon gar nichts. Erst als ihm Friedrich, der Geologe, sagenhafte Goldfunde im Schwarzwald verspricht, ändert sich das. Der Praktikant, der eigentlich Geologe ist, hat mit Mutter Emma (Ines Krug) und deren Freund Wolf (Holger Kunkel) im Wald einen Goldklumpen gefunden, fälscht ein paar Satelliten-Analysedaten und kommt so zu zweifelhaftem Reichtum. Er wird ihn wieder verlieren, nur Berry hat am globalisierten Weltmarkt bereits vorher abgesahnt. Auch die Bauern der Gegend partizipieren. Nur sind irgendwann die Bäume alle weg, die Mutter studiert Badische Geschicht, und drei Bauern fühlen sich von Friedrich betrogen und killen ihn. Wie eine Supernova hat er geglüht und ist dann in der Schwärze der Nacht verschwunden. Sehenswert!

„Supernova (Wie Gold entsteht)“ I Mi 4.7.19 Uhr I Casa Essen I 0201 812 20

PETER ORTMANN

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