Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
14 15 16 17 18 19 20
21 22 23 24 25 26 27

12.578 Beiträge zu
3.804 Filmen im Forum

„Supernova“
Foto: Birgit Hupfeld

Fauler Schwarzwald

28. Juni 2012

„Supernova“ im Essener Casa - Theater Ruhr 07/12

Die Welt ist eine Manege, und darin tummeln sich wilde Tiere und ihre Dompteure. Das ist in Philipp Löhles „Supernova“ nicht anders. Die skurrile Schwarzwald-Saga hat Katja Blaszkiewitz jetzt in der kleinen Essener Casa inszeniert. Folgerichtig werden im Bühnenbild keine Tannen aufgebaut, sondern die Manege mit Sägespänen gefüllt. Zwei Plexiglas-Kammern ersetzen Haus und Hof, die Schauspieler scheinen einer Freakshow entsprungen.

Es wird eine Kapitalismus-Kritik der vergnüglichen Art. Spielfreude und Regie auf kleinem Raum, dazu manch Interaktion mit dem Publikum (eine Dame hat dabei sogar zehn Euro erbeutet) machen den Abend schnell und visuell außergewöhnlich. Blaszkiewitz hat den Schauspielern eine anspruchsvolle Choreografie verpasst, die sie in Atem hält. Insbesondere Lisa Jopt muss immer zwischen ihren Rollen als erfolgreiche Immobilienmaklerin und Freundin und Conferencier wechseln.

Im Grunde sind alle gierig in Löhles dreiteiligem Werk, das mit projizierten Übertiteln strukturiert wird. Es geht los mit „Fick das System“ und endet mit dem „Schluss“, natürlich nicht ohne ein Kapitel „Ende vor dem Schluss“. Die Handlung ist nur vordergründig absurd. Friedrich, der ewige Praktikant (Jens Ochlast) hat seinen Staus satt, will endlich in die Festanstellung, sich nicht mehr von der Freundin aushalten lassen. Sein Chef Berry (Jan Pröhl), ein mieser Dompteur, der allerdings die Klaviatur des Geldscheffelns beherrscht, hält davon gar nichts. Erst als ihm Friedrich, der Geologe, sagenhafte Goldfunde im Schwarzwald verspricht, ändert sich das. Der Praktikant, der eigentlich Geologe ist, hat mit Mutter Emma (Ines Krug) und deren Freund Wolf (Holger Kunkel) im Wald einen Goldklumpen gefunden, fälscht ein paar Satelliten-Analysedaten und kommt so zu zweifelhaftem Reichtum. Er wird ihn wieder verlieren, nur Berry hat am globalisierten Weltmarkt bereits vorher abgesahnt. Auch die Bauern der Gegend partizipieren. Nur sind irgendwann die Bäume alle weg, die Mutter studiert Badische Geschicht, und drei Bauern fühlen sich von Friedrich betrogen und killen ihn. Wie eine Supernova hat er geglüht und ist dann in der Schwärze der Nacht verschwunden. Sehenswert!

„Supernova (Wie Gold entsteht)“ I Mi 4.7.19 Uhr I Casa Essen I 0201 812 20

PETER ORTMANN

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Transformers One

Lesen Sie dazu auch:

Non-binär und nicht vergoethet
„Mein Blutbuch“ in der Essener Casa-Theaterpassage – Prolog 06/24

„Bedürfnis nach Wiedergutmachung“
Aisha Abo Mostafa über „Aus dem Nichts“ am Theater Essen – Premiere 02/23

Mit Bier aus den Höllen
Zukunft in Ruhrgebietstheatern – Prolog 02/20

Goodbye, Deutschsein!
Literatürk: „Eure Heimat ist unser Alptraum“ am 12.11. in der Casa (Grillo-Theater), Essen – Literatur 11/19

Bedürfnispyramide
„Pornoladen“ in der Essener Casa – Theater Ruhr 07/13

Verstopfte Leben am Rande des Wahnsinns
„Die Präsidentinnen“ in Essen – Theater Ruhr 01/13

Die Mauer muss weg
„Satt“ in der kleinen Essener Casa – Theater Ruhr 12/11

Heteros & Bierstinker
„Balls – Fußball ist unser Leben“ in der Casa - Theater Ruhr 07/11

Gesunde neue Welt
Juli Zehs „Corpus Delicti“ in der Casa Essen - Theater Ruhr 05/11

Zusammenhalt in der Not
Erstaufführung von "Choke" in der Casa Essen - Theater Ruhr 03/11

Theater Ruhr.

Hier erscheint die Aufforderung!