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In Bierlaune: Volker Backes und Andreas Beune
Foto: Benjamin Knoll

Fans in den besten Jahren

09. März 2013

Volker Backes und Co. lasen aus ihrem Buch „Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier" – Literatur 03/13

Anfang Februar ging der reguläre Kneipenbetrieb der Bahia de Cochinos in die letzte Runde. Finanzielle Engpässe hatten die BetreiberInnen zu diesem Schritt veranlasst. Bis Ende März werden die angekündigten Veranstaltungen allerdings noch durchgeführt, ehe man sich anschließend um eine eventuelle Fortführung des kulturellen Programms unter veränderten Rahmenbedingungen bemüht. Bevor sich die Schweinebucht am 27.3. endgültig mit einem Konzert von My Sister Grenadine verabschiedet, wurde am gestrigen 8.3. noch einmal Tränen gelacht. Verantwortlich war die Lesung von Volker Backes und Andreas Beune, die die gut 20 Zahlenden mit Anekdoten aus ihrem Buch „Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier: Geschichten von Fans in der Midlife-Crisis“ über passende 90 Minuten zu unterhalten wussten.

Backes und Beune entschuldigten sich jedoch zunächst für die Umstände der Lesung: Trotz des anstehenden Ruhrpott-Derbys zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 fiebere man als Bielefelder doch eher dem fast parallel stattfindenden Derby der Arminia aus Bielefeld gegen Preußen Münster entgegen. Außerdem hatte Mitautor Christoph Ruf an diesem Abend Anderweitiges vor, was das eigentliche Autorentrio zu einem Duo schmelzen ließ. Das Publikum, vornehmlich bestehend aus Menschen, die sich rein biologisch ebenfalls in der Midlife-Crisis befinden könnten, war in Bierlaune und zeigte Verständnis. „In Castrop nehmen wir, was wir kriegen können“ schallte es nicht ganz frei von Ironie von einem Barhocker. Schnell war klar: gute Laune auf beiden Seiten. Man versteht sich.

Fortan boten Backes und Beune ihre wortwitzigen Erlebnisberichte aus junger und alter Fan-Vergangenheit mit einer fast schon dialektisch anmutenden Intonation dar. Zwar wurde die im Titel des Buches angedeutete identitäre Krise der Fußball-Fans zwischen Fanblock und Wohnzimmercouch nicht wirklich nachfühlbar, einen Einblick in den alltäglichen Wahnsinn eines Fußballverrückten in seinen unterschiedlichen Lebensphasen bekam man jedoch allemal. So wurde man beispielsweise Zeuge, wie Backes an den schier zahllosen Eingängen des Frankfurter Waldstadions, welches sich überraschenderweise nicht in einem Wald befindet, verzweifelte. Dafür entschied er aber den Wettstreit um das ausgefallenste Fußballtrikot mit dem nicht ganz reibungsfreien Erwerb eines Shirts des moldawischen Spitzenklubs mit dem sympathischen Namen „FC Aggro“ für sich. Familienmensch Beune erklärte, warum man den ersten Stadionbesuch seines Lebens möglichst nicht im Gästeblock vollführen sollte, warum Kinder und Familie das Fan-Sein doch erheblich erschweren, und dass Kinder trotz zielgerichteter Erziehung nicht zwangsläufig so fanatisch enden wie ihr alter Herr. Nach zwei Halbzeiten und einer Trinkpause entließ die Schweinebucht ihre Gäste auf die leeren Straßen Castrop-Rauxels. Die „Bahia" wird dem Ruhrgebiet fehlen.

Benjamin Knoll

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