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Maya C. Klinger
Foto: Shiri Cohen

Eine wahre Fluchtgeschichte

21. Juli 2025

„Wie ein Foto unser Leben rettete“ von Maya C. Klinger & Isabel Kreitz – Vorlesung 07/25

Eines Tages sind sie da. Zuvor haben die Erwachsenen nur von ihnen gesprochen. Aber nun kann Gavra die deutschen Wehrmachtssoldaten unten auf den Straßen von Belgrad sehen. Der Fünfjährige ist mit seiner jüngeren Schwester Beba und den Eltern – die beide als Fotografen in Novi Sad arbeiten – bei der Oma zu Besuch. Die jüdische Familie wird von der deutschen Invasion in Jugoslawien kalt erwischt. Es gelingt ihnen in einen Zug zu kommen, der nach Süden fährt. Aber dann holt man die Familie aus dem Abteil. Ihre jüdische Herkunft scheint bewiesen, da zückt der Vater ein Foto, auf dem die beiden Kinder vor einem Weihnachtsbaum stehen.

Das ist die Rettung und Gavra bekommt den christlichen Namen Mirko. Man hofft in der italienischen Besatzungszone besser behandelt zu werden. Aber hier sperrt man die Flüchtenden für ein Jahr in ein Gefängnis. Dann gelingt ihnen der Grenzübertritt nach Albanien. Gavra heißt nun Ibrahim und die muslimische Bevölkerung zeigt sich gegenüber der jüdischen Familie überaus gastfreundlich. Man versteckt sie in einem abgelegenen Gebirgsdorf, aber selbst dorthin dringt der deutsche Rassenhass. 

Die amerikanische Kinderbuchautorin Maya C. Klinger schildert die Geschichte aus der Perspektive von Gavra Mandil, der 2006 mit 71 Jahren in Tel Aviv starb. Perfekt beherrscht sie den Ton eines Kindes, das geradlinig von den Erlebnissen der Flucht erzählt, ohne Sentimentalität und doch mit viel Wärme. Gavra begegnet auf dieser Odyssee immer wieder anderen Kindern und das Leben auf dem Bauernhof in Albanien mit den Tieren und Nachbarsjungen erfährt er als ein besonderes Glück. Fotografien spielen nicht allein in der Handlung immer wieder eine Rolle, sondern das Buch enthält auch die zahlreichen dokumentarischen Aufnahmen der Eltern. Darüber hinaus bereichern die Illustrationen von Isabel Kreitz die Geschichte, indem sie genau die Gefühle zeigen, die sich zwischen dem Text und den Bildern ereignen. Für Erstleser eignet sich das Buch ausgezeichnet, um einen Einstieg in die historischen Geschehnisse des Holocaust zu erhalten. Es ist spannend erzählt, ohne Schreckensmomente bemühen zu müssen, und die authentische Geschichte mündet in ein Happy End. Und sie beweist: Es gab auch anständige Menschen.

Maya C. Klinger & Isabel Kreitz: Wie ein Foto unser Leben rettete | Aus dem Hebräischen von Gundula Schiffer | Insel Verlag | 126 Seiten | 15 Euro

Thomas Linden

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