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Warten auf die große Liebe
Foto: Hans Jürgen Landes

Ewige Rotation ums Glück

01. Juni 2013

Tolstois „Anna Karenina“ im Bochumer Prinz Regent Theater – Theater Ruhr 06/13

Oft hat man das Gefühl, unter die Räder zu kommen oder auf der glatten Oberfläche des Lebens auszurutschen. In Liebesdingen führt dies mitunter zu Verwirrung oder in den Abgrund. Sibylle Broll-Pape inszeniert am Bochumer Prinz-Regent Theater mit „Anna Karenina“ eine solche Gefühlsachterbahn. Leo Tolstoi hat den gewaltigen Roman über Ehe und Moral in der adligen russischen Gesellschaft im 19. Jahrhundert geschrieben, Armin Petras eine moderne, stark reduzierte Bühnenfassung für sieben SchauspielerInnen daraus gemacht. Dabei konzentrierte er sich aufs Kernthema: die Suche nach absoluter Liebe und ihre Folgen.

Riesige Räder einer Dampflok sind das Hintergrundbild im kargen Raum des kleinen Theaters. Sie bilden die Klammer der großen Tragödie um Liebe, Ehe und Wohlbefinden vierer Paare. Anna Karenina (Mandana Mansouri) zerstört auf ihrer Suche nach der Glückseligkeit gleich zwei Beziehungen. Doch erst einmal müssen sich die Paare fürs Liebeslaboratorium auch finden.

Graf Wronski, ein Offizier, lernt auf einem Ball Anna Karenina kennen und verliebt sich in die verheiratete Frau mit Sohn. Sie versucht das triste Leben mit Bürokraten-Gatte Karenin (Richard Saringer) zu fliehen und bleibt an dem interessanten adligen Liebhaber hängen. Nach großen Verwirrungen stirbt sie letztendlich für die ewige Liebe. Ein anderes Paar passt auf das Format „Bauer sucht Frau“: Auf Umwegen bekommt er sie (großartig: Helge Salnikau und Anna Döing), obwohl sie ihn zunächst nicht wollte. Was aus Beziehungen auch werden kann, zeigen Dascha und Stefan, die sich längst auseinandergelebt haben, ohne sich das einzugestehen. Manche Probleme bleiben eben über Jahrhunderte bestehen.

Sibylle Broll-Pape inszeniert unaufgeregt mit vielen kleinen Spezereien am Rande: es reagieren die am Dialog unbeteiligten Protagonisten auf den Inhalt der Texte, machen Faxen oder gehen ihren Beschäftigungen nach. So existieren viele bespielte Bühnenräume gleichzeitig, man muss sie nur finden. Genau wie die kleinen Dialog-Fetzen, die das Stück manchmal und behutsam in der Gegenwart verorten und dabei konstruktive Zeitlosigkeit vermitteln.

Anna Karenina, Fr., 21.6., 19:30 Uhr, Prinz Regent Theater Bochum, Infos: 0234-77 11 17

PETER ORTMANN

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