Um die Malerei von Karl Fred Dahmen (1917-81) war es zuletzt sehr still. Dahmen gehört zweifelsohne zu den großen informellen Malern in Deutschland, er war Professor an der Münchner Kunstakademie, hat in den großen Museen ausgestellt und ist in den wichtigen Sammlungen vertreten. Aber nachdem der zeitliche Abstand zu seiner Kunst weiter gewachsen ist, wirken seine Malereien, Assemblagen und Objekte einzelgängerisch, spröde und wie aus einer anderen Zeit. Wie präsent die Arbeiten von Dahmen noch heute sind und wie sehr sie sich in der Zusammenschau erschließen, zeigen derzeit zwei aufeinander abgestimmte Ausstellungen. Sie stellen die Werke von Karl Fred Dahmen, der aus Stolberg stammte und später auf einem alten Bauernhof im Chiemgau lebte, zum 100. Geburtstag umfassend und systematisch vor.
Während das Dürener Leopold-Hoesch-Museum das Frühwerk zur Landschaft im Aachener Raum und die grafischen Beiträge vorstellt, liefert das Duisburger Museum Küppersmühle einen retrospektiven Überblick über die teils großformatigen Gemälde und die Objektkästen. Bezugspunkt Dahmens ist immer die Landschaft. Zunächst handelt es sich um die kargen, vom Braunkohleabbau geprägten Gegenden, später um das Chiemgau: Dahmen reflektiert Natur und nimmt ihre Farben und Strukturen auf. Am Anfang sind die Bilder dunkel und erdig, später sind grüne Flächen kennzeichnend. Die Einlassung auf die Umgebung führt ab Mitte der 1960er Jahre noch zum Einbezug von Fundstücken. Die Lederstücke und Metallteile wirken in ihrer Verbindung mit der tonig monochromen Malerei abstrakt und sind Struktur, Textur und Ordnung im Bildgeschehen. Dahmen erstellt Polsterbilder, schreinartige Objekte, die etwa mit hellen Seilen eine Schneelandschaft repräsentieren, und Kästen, die das Atmosphärische von Dachböden mit Motiven der Wunderkammer verbinden.
Dahmen war durch sein gesamtes Werk ein suchender und experimentierender Künstler, der die klassischen Verfahren für sich neu entdeckt hat. Dass er damit die Malerei in den Raum erweitert hat, gehört zu den Erkenntnissen vor allem der Ausstellung in Duisburg.
Karl Fred Dahmen | bis 5.11. im Museum Küppersmühle Duisburg | bis 26.11. im Leopold-Hoesch-Museum Düren | 0228 93 45 50 bzw. 02421 25 25 61
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