Eine Arbeit überragt alles. Rita McBrides „Arena“ (1997) ist auch in der Kunsthalle Düsseldorf das, was sie meint: eine Tribüne im Maßstab 1:1. Die modulare Bauweise mit ornamentalen Verstrebungen offeriert die Erweiterung mit analogen Segmenten. Die gesellschaftlichen und sozialen Dimensionen als Forum für Veranstaltungen aber ist Teil der künstlerischen Arbeit. Und zur Tauglichkeit als Architektur trägt bei, dass die Bretter mit Kevlar bezogen sind: einem stabilisierenden Gewebe aus dem militärischen Bereich. Rita McBride eignet sich hier einen Gebäudetypus für das kollektive Erleben im urbanen Raum an: skulptural und im geschickten Umgang mit den Traditionen des Minimalismus.
In Düsseldorf nun interagiert die „Arena“ kongenial mit dem „Hexelerater“ (2004), mannnsgroßen Bienenwaben aus Sisal, die an der Brüstung des Obergeschosses den Raum mit seinem merkwürdigen Winkel vergegenwärtigen. Eigentlich hätten diese beiden Arbeiten gereicht, um McBrides differenziertes Interesse an zeitgenössischer Skulptur, ihr Gespür für den öffentlichen Raum und dessen aktueller Befindlichkeit vorzustellen. Aber die Ausstellung ist eine Retrospektive der in Düsseldorf lebenden, an der dortigen Kunstakademie als Bildhauer-Professorin und Rektorin tätigen amerikanischen Künstlerin (*1960). Und so zeigt sie zentrale Werke aus allen Phasen, beginnend mit den grandiosen Miniaturparkhäusern aus Bronzeguss, die, noch als Referenz an Le Corbusier, eine unendliche Fortsetzbarkeit suggerieren. Es geht über die aus Muranoglas gefertigten Rohrleitungen und die Verteilerkästen aus pulverbeschichtetem Aluminium bis hin zu den jüngsten riesigen symbolhaften Schlüsseln aus Eisen. Jede Werkgruppe bedingt ihren eigenen Maßstab und ihre Materialität, um sie aus der gemeinhin übersehenen Funktionalität in eine kritisch reflexive Ästhetik zu verwandeln. Fast versteckt befindet sich im Obergeschoss eine typische kalifornische Tankstelle, die in der dortigen Provinz kommunikatives Zentrum ist. Wie wichtig ist doch, dass ihr abschließender roter Streifen jetzt unter der Decke erkennbar bleibt.
„Rita McBride. Gesellschaft“ | bis 26.6. | Kunsthalle Düsseldorf | 0211 899 62 43
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