Schreit- und Standstücke, Lagerform, Werkform, Probe-Nähungen … Die Formen und Maßnahmen, mit denen Franz Erhard Walther in seiner Kunst agiert, sind theoretisch fundiert. In der Tat gehört Walther, der 1939 in Fulda geboren wurde, in Düsseldorf studierte und in New York den letzten Schliff erhielt, dann an der Kunstakademie in Hamburg als Professor gelehrt hat und heute wieder in Fulda lebt, einer Generation an, die den Werkbegriff offen fasst und Kunst als temporäres, partizipatorisches Ereignis versteht.
Dazu hat er schon 1963 mit textilen Stoffen gearbeitet, die er genäht und eingefärbt hat und sich teils überzieht, die aber auch zu besonderen Kleidungsstücken führen, durch welche mehrere Akteure aus dem Publikum miteinander verbunden sind. Dies vermittelt der Künstler selbst, anlässlich seiner Demonstrationen in den Ausstellungen. Damit wurde Franz Erhard Walther zu einem der Pioniere der Prozess-Kunst, der mit seinen Werkstücken, die gestapelt oder nebeneinander auf dem Boden liegen oder als einzelne hängen, bis heute den Betrachter in seiner Körperlichkeit und räumlichen, zeitlichen Handlung thematisiert. Relativ neu aber ist die Lagerform, die er jetzt im Obergeschoss des Kubus in Bochum-Weitmar zeigt, bei der die Probenähungen von 1969 bis 2003 im Raum positioniert sind.
Walther vermeidet jeden illusorischen Charakter; er überschreitet den Radius des Latenten nicht. Dazu gehört, dass er die derzeitige Anordnung am 20. Juni öffentlich verändern wird und damit jeder Verfestigung entgegenwirkt. Und doch gibt es definite Konzepte in seiner Kunst, wie die Beiträge im Erdgeschoss unterstreichen. Hier hat Walther seine frühen Stand- und Schreitstücke aus Stahl auf den Boden gelegt, welche, als betretbare Flächen, die seitliche Bewegung und die aufrechte Haltung in der Orientierung an den Leisten vorgeben und damit den Betrachter zum Protagonisten und Teil der Kunst machen, der sich seinem Körper gemäß verhält. Deutlich wird: Der bedeutende Prozess-Künstler Franz Erhard Walther ist Bildhauer, der den Menschen mit seiner leiblichen Konstitution im Blick hat.
„Franz Erhard Walther“ I bis 1. September I KUBUS von Situation Kunst, Bochum-Weitmar I www.kusa-rub-moderne.de
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