Starke Thesen und schwache Argumente: Donald Trump wird Präsident, die rechtskonservative Politikerin Marine Le Pen kandidiert in Frankreich als Präsidentin und auch in Deutschland formiert sich der Populismus. Was Populismus ist, wie er sich selbst darstellt und welche Rolle die Massenmedien dabei spielen, darüber diskutieren Politikwissenschaftlern Paula Diehl und der Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts (KWI) Claus Leggewie in Essen.
Was tun, wenn sich das Volk unterdrückt fühlt? Wenn diese Frage aufkommt, schlägt die Stunde des Populismus. Er gibt denen, die sich benachteiligt fühlen, eine Stimme. Diese Stimme kommt oft aus dem Mund eines charismatischen Anführers. „Trump ist wie ein europäischer Faschist“, sagt Leggewie. „Sie müssen jetzt nicht an Hitler denken, aber denken sie mal an Mussolini.“ Ein solcher Populismus säuselt in die Ohren der unzufriedenen Bürger und brüllt in Richtung der Machthabenden.
Als Katalysator zwischen dem Volk und den Eliten sehen Diehl und Leggewie die Massenmedien. Populisten suchen Aufmerksamkeit – und mit extremen Haltungen geht das gut. So werden Populismus und Massenmedien zu einem Traumpaar, bei dem beide Seiten gleichermaßen voneinander profitieren: Der eine teilt die Komplexität der Welt in leicht verdauliche Häppchen, der andere richtet sie appetitlich an. So sorgen die Medien dafür, dass populistische Themen in aller Munde sind.
Dieses Schwarz-Weiß-Denken macht die Welt einfacher und verständlicher. Ebenso vereinfacht sich auch die populistische Sprache, sagt Diehl: „Der Populismus ist wie ein Betrunkener: Erst ist er lustig und unterhaltsam und dann fängt er irgendwann an Sachen zu sagen, die man in Gesellschaft nicht sagen sollte.“ Die Massenmedien machen es möglich, starke Emotionen zu transportieren – wie Hass und Angst. „Aus Anderssein macht man Fremde und aus Fremden Feinde. Die Angst vor Fremden ist nichts Natürliches sondern eine rechtsextremistische Ideologie“, ordnet Diehl ein.
Diese starken Emotionen bauen eine Brücke, über die der Populismus bequem in die Demokratie einmarschieren kann. Je öfter die populistischen Inhalte in den Massenmedien gezeigt werden, desto mehr gewöhnt sich das Publikum daran, desto normaler und akzeptierter werden extreme Meinungen. Das einzige Tabu, das Diehl dabei sieht: „Nicht langweilig sein, nicht schwitzen und kein kariertes Sakko tragen. Wer sich an die Spielregeln der Medien hält, verschafft seinen Meinungen einen Wettbewerbsvorteil – das ist das Prinzip des Rechtspopulismus.“
Langweilig ist Trump sicher nicht: Wrestling, Misswahlen und seine eigene Reality-Show haben ihn populär gemacht. Die Menschen haben sich an seine mediale Allgegenwärtigkeit gewöhnt. „Man muss nichts können, man muss nur bekannt sein – und das ist bei Trump nun in hohem Maße so“, erklärt Leggewie das Trump-Prinzip. Mit klaren Worten wie diesen machen Diehl und Leggewie auf die Gefahren des Populismus aufmerksam und regen ihr Publikum zu einer Diskussion an.
Vor allem der Kapitalismus und der Ausweg aus der rechten Ecke stehen im Zentrum der kritischen Zuschauerfragen. Das einzige, was gegen die populistischen Parolen helfe, sei es, sich selbst zu positionieren, selbst im eigenen Umfeld aktiv den Wandel anzustoßen. „Und dann: Themenwechsel“, mahnt Leggewie. Neue Themen sollen das Gebrüll des Populismus aus den Schlagzeilen drängen. Nur so können sich Bürger und das selbsternannte Volk wieder annähern.
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