Der musikalische Rundgang am Samstag hatte zum Start ein Nordlichter-Doppelpack zu bieten. Die Bands Matula und Captain Planet, beide aus Hamburg und Umgebung, spielten nacheinander auf der Ring-Bühne und zogen vor allem punkrockaffines Publikum an.
Die Bands sind untereinander befreundet, teilen sich sogar ein Bandmitglied und sind so etwas wie die Speerspitzen des sogenannten Kopfpunks. Matula machten um 18.15 Uhr den Anfang und spielten zu Beginn den Titeltrack ihrer neuen Platte „Auf allen Festen“. Der unaufdringliche Sound passte zum Konzept der Band, denn man merkte, dass Matula große Festival-Bühnen nicht unbedingt gewohnt sind und publikumsanimierende Mitmachspiele nicht zu ihrem Repertoire gehören. Rockstars sind andere, nicht aber Matula. Für die einen sympathisch, für die anderen langweilig. Ein unaufgeregter Auftritt voller Kleinstperlen, die zugegebenermaßen in kleinen Kellerclubs besser funktionieren dürften. Der Großteil des Publikums schien zu wissen, worauf er sich eingelassen hatte, und dankte es der Band mit der Bitte um Zugaben.
Captain Planet agierten ähnlich zurückhaltend. Auch ihnen merkte man an, dass sie aus dem Umfeld autonomer Jugendzentren stammen und große Bühnen nicht zum Alltag gehören. Ihr meist schnell vorgetragener Punkrock sorgte jedoch für mehr Bewegung vor der Bühne und mit Einsetzten des Regens schienen Band und Publikum doppelt motiviert gewesen zu sein. Mit dem passenden Titel „Land unter“ und der obligatorischen Zugabe „Baumhaus“ verabschiedeten sich Captain Planet standesgemäß.
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Für das Kontrastprogramm sorgten u.a. Eternal Erection aus Finnland. Ihre Mischung aus massig Glam, Funk und Soul versetzte das Publikum der Sparkassen-Bühne in Ekstase. Eine Band, die man sich auch problemlos als Show-Act in Las Vegas vorstellen könnte, die aber auch in Bochum bestens funktionierte.
Um 20.45 Uhr stand dann ein von vielen erwartetes Highlight auf dem Programm. Jupiter Jones, gestartet als Punkband, mit ihrem Hit „Still“ in der Pop-Welt angekommen und Stammgast bei Bochum Total, spielten eines ihrer ersten Konzerte mit neuem Sänger. Nicholas Müller legte das Mikro aufgrund einer akuten Angststörung nieder. Sven Lauer, ein Freund der Band, ist seit Kurzem die neue Stimme. Jupiter Jones spielten sich quer durch alle Alben, wobei der Fokus auf dem Material der letzten, erfolgreicheren Alben lag.
Es wurde schnell deutlich, dass Sven Lauer nicht zur Band gestoßen ist, um seinen Vorgänger zu kopieren, was auch schon allein aufgrund der äußeren Erscheinung und der nicht ganz so schroffen Stimmfarbe nur schwer möglich ist. Vielmehr scheinen Jupiter Jones mit ihm den nächsten Schritt gehen zu wollen. Die Lederjacke mit Biergeruch bleibt von nun an endgültig im Schrank, Bands wie Revolverheld oder Bosse sind von nun an die passenderen Referenzen. Ein konsequenter Schritt, der Jupiter Jones jedoch endgültig zu einer geschliffenen Mainstream-Band macht, die nichts mehr mit ihrer Vergangenheit gemein hat.
Wie gewohnt stapfte das feierwütige Publikum anschließend in Richtung Off-Stage-Programm. Die Club-Bühne der Rotunde bot zu später Stunde nochmal abgefahrenen Glam-Rock der Barb Wire Dolls und später Dosenmusik quer durch alle Genres. Beste Möglichkeiten also, um den Festival-Samstag angemessen zu beenden.
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