Der Tag wird lang, es ist schließlich Samstag, da muss man nicht bis 17 Uhr warten, bis es losgeht. Bereits um 14.45 Uhr dringt gefühlvoller Gesang an mein Ohr. Der jäh unterbrochen wird von Elektrobeats, harten Gitarren und unverständlichem Stimmstakkato. Auf der trailer-bühne stehen zwei junge Männer, die das Konzept Genre nicht zu kennen scheinen. Das Duo, das sich zwischen Experiment und Pop bewegt heißt Cloudtrips, kommt aus Bochum, macht neugierig auf das, was noch kommen mag und fesselt die Leute so sehr, dass sie sich auch von Regenschauern nicht vom Zuschauen abhalten lassen.
Auf der 1Live-Bühne geht es dann erst gewohnt um fünf los. Den Startschuss gab die Hoffnungsträgerin Philine Sonny. Auf Aufnahme verströmt sie starke Lana-del-Rey-Stimmung, dieser Live-Auftritt hingegen erfüllte Bochum weniger mit Melancholie als mit guter Laune. Bis dahin gab es auch auf der Sparkassenbühne mit Yasola (Singer/Songwriter) sowie mit Akzent One & Lucky You (Hiphop) regionale Newcomer zu hören.
Ebenfalls dem Nachwuchs verschrieben hat sich die König Pilsener Bühne an diesem Tag. Ansonsten als Podest genutzt für DJs, die dafür sorgen, dass es auch zwischen den Bühnen nicht zu leise ist, spielt heute eine Band, die sich im König Bandcontest hervorgetan hat. Ursprünglich hatten die Dortmunder We Awake die Jury des von der König-Brauerei und dem Musikbüro Bochum organisierten Wettbewerbs überzeugt, jedoch mussten diese absagen. Stattdessen heizten All Miles Gone ein, die ebenfalls Metalcore spielen. Passend zum Headliner auf der Ringbühne an diesem Tag.
Circle Pit bis zum Hauptbahnhof
Any Given Day zählen nämlich zur Speerspitze des deutschen Metalcore, was sich an der schieren Zahl von Fans vor der Bühne zeigt. Dass es sich wirklich um Fans und nicht um Laufpublikum handelt, erkennt man an der Größe des Moshpits. Wie es sich für diese brutale Spielart der Rockmusik gehört, wurde vor der Bühne kräftig geschubst und gedrängelt, kurz: gemosht. „Ich will einen Circle Pit sehen“, ruft Vokalist Dennis Diehl von der Bühne, „aber einen ordentlichen. Von mir aus von hier bis zum Hauptbahnhof!“
Schlagzeilen gemacht hat die Band, die aber zuvor auf der Ringbühne gespielt hat. Bloodsucking Zombies from Outer Space machen mit ihrem ungewöhnlichen Bandnamen neugierig – und enttäuschen dann auf der Bühne nicht. Die untoten Österreicher spielen zwar keine schreckliche Musik, sondern recht geradlinigen Punk, sehen aber so aus. Außerdem werden Skelette auf die Bühne gezerrt und Babywerwölfe, Bibeln verbrannt und Gitarren kaputtgemacht. Letzteres wohl eher unfreiwillig. Aber dass der Gitarre der Kopf abfiel, passte dann auch zum Abschluss des Konzerts, in dem Alice Cooper gecovert wurde, der sich ja auch immer auf der Bühne köpfen lässt.
Auf der Sparkassenbühne war zeitgleich weniger Horror angesagt, stattdessen Rhythmus und Lebensfreude. The Magic Mumble Jumble haben als little Bigband einen Haufen gutgelaunter Leute auf die Bühne gestellt, die noch mehr Instrumente spielen, darunter ein eindrucksvolles Sousaphon. Lebensfreude direkt in hunderte von Ohrmuscheln!
Den Abschluss des Festivalabends machte Mambo Kurt, der King of Heimorgel. Seine minimalistische Covershow brachte das KAP zum bersten. Ist das noch Party oder ist das schon Gedränge? Egal! Mambo Kurt präsentierte sein erstes selbstgeschriebenes Stück: „Der Sommer wird geil“. Nach diesem Tag kann man sagen: Der Sommer ist geil!
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