Es bleibt natürlich eine Ungewissheit, wie ein Literaturfestival während einer Pandemie aussehen kann. Doch Literatürk geht im November in die 16. Runde. Vom 9. bis 18. November lesen Autor:innen aus ihren aktuellen Büchern oder diskutieren in Podiumsrunden. Das Festivalthema greift dagegen die Unwägbarkeiten des Morgen auf. Denn das diesjährige Motto lautet: „Haste mal 'ne Zukunft“.
„Das ist natürlich aus dem Spaß heraus entstanden, aber dieses Motto beinhaltet viele wichtige Themen“, erklärt Fatma Uzun aus dem Festivalteam. Ängste, Hoffnungen oder Wünsche gehören zu diesem Motiv. Johannes Brackmann, ebenfalls aus dem Festivalteam, ergänzt mit Blick auf die Folgen der aktuellen Pandemie: „Viele aktuelle Fragen nach der Zukunft sind ja durch Corona in den Hintergrund getreten.“ Dazu zählen die Klimaerwärmung, die Digitalisierung oder auch die autoritäre Wende in vielen Ländern.
Um die Lage in der Türkei dreht sich etwa das Werk von Aslı Erdoğan. Die türkische Schriftstellerin liest zur Eröffnung aus ihrem bereits 2009 erschienenen Roman „Haus aus Stein“, der eine Gefängniserfahrung verhandelt, die Erdoğan später selbst erlebte. Denn wie viele andere türkische Oppositionelle und Intellektuelle wurde sie vom AKP-Regime nach dem gescheiterten Putsch 2016 eingesperrt. Ihre Inhaftierung im Istanbuler Frauengefängnis verarbeitet sie in einem Essay, der die deutsche Romanausgabe ergänzt.
Mit Gästen wie Cihan Acar mit seinem Roman „Hawaii“ oder Olivia Wenzel mit „100 Serpentinen Angst“ lesen junge wie vielversprechende Autor:innen. Wie bereits beim letzten Festival mit dem Motto „Heimat“ werden damit erneut feministische oder antirassistische Perspektiven eröffnet.
Zu den Hochkarätern des diesjährigen Festivals zählt Ilija Trojanow. Der Schriftsteller und Journalist widmet sich in seinem aktuellen Roman „Doppelte Spur“ den geheimdienstlichen Verstrickungen und Vertuschungen der beiden Supermächte USA und Russland. Allerdings kann Trojanow nicht ins Ruhrgebiet anreisen. Für die Lesung ist der Autor jedoch live aus Kroatien zugeschaltet. Überhaupt organisiert das Literatürk-Festival erstmals ein Internet-Angebot mit Streams, da die Sitzplätze aufgrund der Pandemie begrenzt ist auf ein Drittel bis zur Hälfte des bisherigen Kontingents. So fungiert auch der Schriftsteller Feridun Zaimoglu, bereits seit Jahren dem Festival verbunden, als „digitaler Schirmherr“. In dieser Funktion schrieb er einen Festivaltext, darin geht es um Zweifel als Widerstand und natürlich um die Zukunft.
Literatürk 16. Internationales Literaturfestival | 9.-18.11. | Essen und diverse Orte | literatuerk
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