So gegensätzlich war das Programm im Museumsquartier Hagen noch nie. Im Osthaus Museum wird fast im gesamten oberen Bereich die pulsierende Malerei des Sylvester Stallone gezeigt. Und im Ausstellungssaal darunter inszeniert Anja Brogan ihre institutionskritische, auf Rollenklischees und aktuelle Phänomene reagierende Kunst.
Die Ehrung seines Vorgängers gelingt Rouven Lotz als neuem Direktor des Museums souverän und würdig. Die Ausstellung vermittelt die Konkrete Kunst als historisches Phänomen, das in verschiedenen Ländern unterschiedliche Ausformulierungen favorisiert, und ermöglicht ihre Wahrnehmung als zeitlos sinnliches Erlebnis. Die Ausstellungsarchitektur fördert Durchblicke und Blickachsen, zudem sind viele der Künstler mit zwei oder mehr Werken vertreten. Eingeleitet mit Bildern von Josef Albers und frühen Beispielen einer Verfestigung der Formen in Richtung Farbflächen, werden im Verlauf der Ausstellung die Protagonisten dieser Kunst, darunter Bridget Riley, Vasarely, die Zürcher Konkreten oder die großen Italiener sowie weniger bekannte Vertreter vorgestellt. Für die Grenzbereiche, die auf unsere urbane Realität referieren, stehen Boris Kleint und Al Held. Dass gerade diese so rationale, oft mathematisch berechnete und durch Raster strukturierte Kunst die Fläche des Rechtecks verlässt, belegen die „umgeklappten“ Tafeln von Hans Jörg Glattfelder und die visuellen Erweiterungen durch Spiegel bei Adolf Luther und Mary Martin. Das große Gemeinsame aller Werke sind Linien und Farben, vorgetragen in organisierten, meist rechtwinkligen Feldern, die sich in ihrer Wirkung beeinflussen und die Bildfläche mitunter in Vibration versetzen. Schon damit ist das zentrale blaue Environment von Jesús Rafael Soto eine profunde Bereicherung: Es darf betreten werden, intensiviert das körperliche Gefühl und taucht die Bilder an den Wänden in Blau. Klingt unruhig, ist es aber nicht – vom sonstigen Geschehen im Museumsquartier bekommt man hier, in dieser wunderbaren Ausstellung, sowieso nichts mit.
Konkret! Hommage an Ulrich Schumacher | bis 13.3. | Emil Schumacher Museum Hagen | 02331 306 00 66
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Im Zentrum der Avantgarde
Emil Schumacher in seinem Hagener Museum
Einzelkämpfer auf ungesichertem Terrain
Herbert Zangs im Emil Schumacher Museum in Hagen – kunst & gut 03/25
„Auf Fautrier muss man sich einlassen“
Direktor Rouven Lotz über „Jean Fautrier – Genie und Rebell“ im Emil Schumacher Museum Hagen – Sammlung 07/24
Der Reiz von Stahl
Daheim: Utz Brocksieper im Emil Schumacher Museum in Hagen – kunst & gut 05/24
Auf und mit der Oberfläche
Wilhelm Wessel im Emil Schumacher Museum in Hagen – kunst & gut 02/24
Spiel der Farben
Fritz Winter im Emil Schumacher Museum in Hagen – kunst & gut 12/20
Farbe in Bewegung
Eindrucksvoll: K. R. H. Sonderborg im Emil Schumacher Museum Hagen – kunst & gut 01/20
Stille Avantgarde
Heinrich Brocksieper in Hagen – Ruhrkunst 06/19
Unruhe, gebändigt
Gerhard Hoehme in Hagen – Ruhrkunst 12/18
Im Aufbruch
Peter Brüning in Hagen – Ruhrkunst 01/18
Keine alte Geschichte
Der Gilgamesch-Epos in Hagen – Ruhrkunst 02/17
Geister aus der Farbe
Karel Appel im Emil Schumacher Museum in Hagen – kunst & gut 10/16
„Er fragt auch nach den Bezügen zu Europa“
Kurator Tobias Burg über „William Kentridge. Listen to the Echo“ im Essener Museum Folkwang – Sammlung 08/25
Formationen lesen
Amit Goffer im Haus Kemnade – Ruhrkunst 08/25
Appetithäppchen
Westdeutscher Künstlerbund (WKB) in Witten – Ruhrkunst 08/25
Geschichten und Gegenwart
Miriam Vlaming in der Neuen Galerie Gladbeck – kunst & gut 08/25
„Auch mal am Tresen entstanden“
Leiterin Christine Vogt über die Ausstellung zu Udo Lindenberg in der Ludwiggalerie Oberhausen – Sammlung 07/25
Realismus des Alltags
Paula Rego im Museum Folkwang in Essen – kunst & gut 07/25
Nachtspaziergang im Keller
„Light-Land-Scapes“ in Unna – Ruhrkunst 07/25
Viel zu tun
RUB-Sammlungen im MuT Bochum – Ruhrkunst 07/25
„Der Beton ist natürlich sehr dominant“
Die Kurator:innen Gertrud Peters und Johannes Raumann zu „Human Work“ in Düsseldorf – Sammlung 07/25
Die „Zweite Schuld“ der Justiz
Ausstellung zur NS-Vergangenheit des Bundesjustizministerium im Bochumer Fritz-Bauer-Forum – Ausstellung 06/25
In der Kunstküche
„Am Tisch“ und Medienkunst im Dortmunder U – Ruhrkunst 06/25
Women first!
Judy Chicago in Recklinghausen – Ruhrkunst 06/25
Gegen den Strom
Dieter Krieg im Museum Küppersmühle – kunst & gut 06/25