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Clemens Richert
Foto: privat

„Man muss sich über alte Zöpfe Gedanken machen“

28. Februar 2023

Clemens Richert zur 44. Auflage der Duisburger Akzente – Festival 03/23

trailer: Herr Richert, kehrt nach drei Jahren Corona wieder Normalität bei den Duisburger Akzenten ein?

Clemens Richert: Das hoffen wir doch. Mit Corona werden wir uns wohl nicht mehr herumärgern müssen. Ein Problem sind natürlich die sinkenden Zuschauerzahlen. Aber davon sind ja die meisten Kulturinstitutionen betroffen. Außerdem mussten wir im letzten Jahr schon feststellen, dass es gerade im Bereich des Festival-Supports schwer ist, gute Leute noch zu finden und, wenn man sie findet, sie bezahlen zu können. Die Preise sind exorbitant gestiegen und unser Etat bewegt sich eher im niedrigen Bereich. Dennoch haben wir auch dieses Jahr wieder eine Unmenge an Arbeit investiert, um ein vielfältiges Programm mit rund 90 Veranstaltungen an 30 verschiedenen Spielorten für das vierwöchige Festival zusammenzustellen.

Was gab den Ausschlag, für die Akzente diesmal das Thema Wunder zu wählen?

Nach den letzten Jahren der Pandemie wollten wir etwas Positives als Motto haben. Es geht bei der Themenfindung immer darum, etwas zu haben, bei dem sich alle Sparten – von Literatur über Ausstellungen, Film, Performance, Theater, Musik bis hin zu Vorträgen – wiederfinden können. Das Thema Wunder öffnet den Horizont und die Fantasie und es macht neugierig, was das ureigenste Interesse von Kultur ist.

Bei den letzten Akzenten zeigten Sie sich bitter enttäuscht über die Resonanz des von Ihrem Festivalbüro verantworteten Programms der freien Produktionen und fragten sich, ob es noch Sinn mache, es weiterhin auf die Beine zu stellen. Sehen Sie es in diesem Jahr noch als sinnvoll an?

Missverstehen Sie mich da nicht. Ich empfinde es als sinnvoll und will auch niemandem die Plattform wegnehmen. Die Sache ist nur: Wir bieten seit Jahren die Ausschreibung für die freie Szene an, aber in letzter Zeit sind die Anträge immer weniger geworden. Dann denke ich mir, dass das Interesse an einer Teilnahme dort nicht besonders groß zu sein scheint. Dabei sind die eingereichten Anträge sehr interessant. Doch von unserer Seite muss oft viel nachgearbeitet werden, weil zum Beispiel noch ein Veranstaltungsort gefunden werden muss oder die Finanzierung unrealistisch ist. Im seltensten Fall kommt der Antrag so, dass er eins zu eins umzusetzen ist. Wenn das Interesse seitens der freien Künstlerschaft so gering ist, dann frage ich mich, warum stecken wir eigentlich so viel Arbeit da rein. Aber in diesem Jahr ist der Zuspruch nicht schlecht: Wir haben viele Projekte wie zum Beispiel die Ausstellung der freien Künstler in der Cubus-Kunsthalle. Aber man muss sich irgendwann mal über alte Zöpfe Gedanken machen, ob man die wirklich bis ins Jahre Nimmerlein weiterführen will.

In der Vergangenheit gab es das Ansinnen, die Akzente nur noch alle zwei Jahre durchzuführen. Sind solche Pläne vom Tisch?

Es gab solche Vorstellungen, zum Beispiel die Akzente im jährlichen Wechsel mit dem Traumzeitfestival zu veranstalten oder sie in einen anderen Zeitraum zu legen. Bis jetzt hat es entweder keinen guten Vorschlag gegeben oder es hat sich niemand getraut, etwas zu ändern. Da muss man auch erst einmal jemanden finden, der sich das bei einem seit 1977 existierenden Festival zutraut. Wir dürfen die Augen nicht vor der Realität verschließen: Es gibt immer weniger Geld für wahnsinnig viele zu bewerkstelligende Aufgaben und da müssen wir alle vom hohen Ross herunterkommen und erkennen, dass wir nur das umsetzen können, was wir leisten können. Und momentan holen alle Beteiligten das Bestmögliche bei den Akzenten heraus.

Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten bei den 44. Akzenten?

Vor 40 Jahren habe ich das letzte Mal die Schweizer Performancegruppe Mummenschanz gesehen. Da freut es mich besonders, dass sie die Akzente eröffnen wird. Spannend wird auch das Feuerwerktheater draußen auf dem Burgplatz mit den Pyromantikern aus Berlin. Etwas Besonderes ist die Installation „Museum of the Moon“ in der Salvatorkirche. Da wird eine sieben Meter große realistische Nachbildung des Mondes von dem britischen Künstler Luke Jerram aufgehängt. Das hört sich profan an, aber das hat wirklich eine eigene Faszination, dort drunter zu sitzen. Und dann freue ich mich auf das Konzert von der Band Hasenscheisse in der Cubus-Kunsthalle. Das ist dann die andere Seite der Akzente, wo es ein wenig wilder, roher und jünger zugeht. Vor allem hoffe ich, dass das jüngere Publikum dort in großer Zahl zugegen sein wird. Das kann einem Festival, das immerhin 46 Jahre alt ist, nur guttun, nicht ins Behagliche hineinzufallen.

44. Duisburger Akzente | 3.3-2.4. | www.duisburger-akzente.de

Interview: Georgios Psaroulakis

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