Seit vielen Jahren gibt es Bemühungen, Filmbildung schon früh im Leben, also in der Schulbildung, anzusetzen. Aber obwohl das bewegte Bild unsere Kommunikation maßgeblich bestimmt und alle nur denkbaren Themen filmisch verhandelt werden, führt die Filmbildung in der Schule immer noch ein stiefmütterliches Dasein. Initiativen wie die SchulKinoWochen versuchen aktiv, Schulklassen in die Kinos zu holen – durch Filmvermittler gut vor- und nachbereitet. Während sich die Schule nur mäßig für das Kino interessiert, hat sich das Kino immer sehr für die Schule interessiert – als Ort von Hoffnung und Verzweiflung, sozialen Konflikten, Generationskonflikten, Gewalt und auszulotenden Moralvorstellungen.
Das Filmforum NRW widmet sich in diesem Jahr mit seiner fortlaufenden Reihe Filmgeschichte(n) unter dem Titel „Blackboards on Silverscreen“ nicht (Achtung Kalauer) Schulungsfilmen, sondern Schulfilmen. Aber keine Sorge, die mittelkomischen Pennälerkomödien aus der deutschen Wirtschaftswunderzeit muss man nicht befürchten. Die Reihe startet am 11. Mai gleich mit einem Double-Feature: Jean Vigos „Betragen Ungenügend“ (1933) feiert surrealistisch eine Revolte der Kinder, während der autobiografische Nouvelle Vague-Klassiker „Sie küssten und sie schlugen ihn“ (1959) von François Truffaut mit dem jungen Jean Pierre Léaud poetisch-realistisch erzählt. Am 22. Mai geht es dann schon mit Richard Brooks Halbstarkendrama „Die Saat der Gewalt“ (1955) mit Sydney Portier weiter.
Ein Sprung in die jüngere Vergangenheit bringt uns am 3. Juli zu Richard Linklaters Schulkomödie „School of Rock“ mit Jack Black. Zur Feier des Rock‘n‘Roll-Schul-Gedankens spielt Island 100, die Schulband der Offenen Jazz Haus Schule. Der älteste Film der Reihe, „Mädchen in Uniform“ von Leontine Sagan aus dem Jahr 1931, entführt uns am 23. August in ein deutsches Mädcheninternat mit preußischer Strenge, in dem – subtil angedeutet – eine lesbische Liebe erwacht. Ab 2. Oktober folgt mit Lindsay Andersons „If …“ ein Klassiker der Gegenkultur. Die Revolten von 1968 vorwegnehmend, zeigt der Film um den jungen Malcolm McDowell („Clockwork Orange“) ein kämpferisches Aufbegehren von Schülern gegen das strenge Disziplinarsystem, das in einer lustvollen, kriegerischen Revolte mündet.
Claire Simons „Le Concours“ widmet sich am 17. Oktober den mitunter willkürlichen, auf jeden Fall subjektivistischen Aufnahmekriterien an einer Pariser Filmschule. Denn wie soll man Kreativität bewerten? Ilker Çataks „Das Lehrerzimmer“ ist bei den letzten Oscars bis in die letzte Runde gekommen. Das Drehbuch zu dem fein beobachteten, vielschichtigen Drama um einen Diebstahl an einer Schule hat Çatak gemeinsam mit dem Kölner Autor Johannes Duncker geschrieben, der nach der Vorführung für ein Filmgespräch anwesend ist. Samira Makhmalbaf begleitet in „Schwarze Tafeln“ (2000) in beeindruckenden Bildern zwei Wanderlehrer in der iranisch-irakischen Grenzregion bei ihrem Versuch, ihren Lehrauftrag umzusetzen. Die Filmreihe schließt mit Peterr Weirs Klassiker „Der Club der toten Dichter“ mit Robbie Williams von 1989. Am 20. Dezember folgt allerdings als ‚Überstunde‘ noch ein Überraschungsfilm. Alle Filme werden mit einer Einführung von Filmexpert:innen gezeigt.
Filmgeschichte(n): Blackboards on Silverscreens – Schule und Kino | 11.5. - 20.12. | Filmforum NRW | 0221 22 12 44 98
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Die inneren Mauern fallen lassen
Schwules Filmdrama über Ängste und Identitätsfindung in der Queer Film Nacht
Große Stars und kleine Leute
Außergewöhnliche Biografien bei „Stranger than Fiction“ – Festival 01/18
Kino für Flüchtlinge
Kinoprogrammpreisverleihung im Gloria-Theater – Kino 11/15
Dokumentarfilm attraktiv machen
Bei der Duisburger Filmwoche waren Jugendliche und Kinder das Thema - Festival 11/12
Begehrte Lebensräume
Wo die Linse hinfällt: die 36. Duisburger Filmwoche vom 5.-11. November – Festival 11/12
Der neue Materialismus
Viele „Stoffe“ vom 7.-13.11. bei der Duisburger Dokumentarfilmwoche – Festival 11/11
Kino als Schule
Im Filmforum Duisburg kann man Filme sehen lernen - Kino.Ruhr 04/11
Spatzenmord in der Hafenstadt
Eine Woche deutschsprachiger Dokumentarfilme - Festival 11/10
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
Filmgeschichten, die das Leben schreibt
Neue Dokumentarfilme aus einer verrückten Welt – Festival 01/24
Grenzen und Gewalt
31. Filmfestival blicke in Bochum – Festival 12/23
Humanoide Blumen
„Speaking Flowers“ beim Filmfestival blicke – Festival 12/23
Hattingen, Tian’anmen, Weltall
Weitblick-Preis für „Hochofen II“ beim Filmfestival blicke – Festival 12/23
Kino galore
European Arthouse Cinema Day 2023 – Festival 11/23
Komplizinnenschaft
Das IFFF bietet einen Blick auf feministische Solidarität – Festival 04/23
„Man muss sich über alte Zöpfe Gedanken machen“
Clemens Richert zur 44. Auflage der Duisburger Akzente – Festival 03/23
„Die Sichtung ist das Highlight!“
Katharina Schröder zum 30. Jubiläum des blicke Filmfestivals – Festival 01/23
Mehr als Ruhrgebietsromantik
Filmfestival blicke: Jubiläumsauftakt im Bahnhof Langendreer – Festival 12/22
An die Arbeit
Filmfestival blicke: Sonntagsmatinee in Bochum – Festival 12/22
Herbstzeit – Kinozeit
European Arthouse Cinema Day – Festival 11/22
Soziale Beziehungen im Brennpunkt
Filmfestival blicke in Bochum – Festival 11/22
Feministische Gegennarrative
Das Internationale Frauen* Film Fest kehrt zurück ins Kino – Festival 03/22
Einzelkämpfer und Einhörner
„Futur 21“ startet mit Kurzfilmen zur Zukunft der Arbeit – Festival 03/22
Beim Filmemachen zugucken
Das 2. Japanese Film Festival – Festival 02/22
Vom Kleinen zum ganz Großen
„Stranger than Fiction“ traut sich was – Festival 02/22