Hilda Ortmann (Cate Blanchett) lädt ein zum G7-Gipfel ins umwaldete Chateau in Dankerode. Die Regierungschefs aus Frankreich, Italien und Großbritannien, aus den USA, Japan und Kanada finden sich zum Stelldichein bei Rotwein unterm Pavillon. Kleine Überraschung: Die Präsentation einer Moorleiche, um die herum sogleich mit Spaten in der Hand fotogen posiert wird. Dann geschieht weiter Merkwürdiges: Das Personal verschwindet, und bedrohliche Gestalten schleichen durchs Geäst. Die Politik verstrickt sich derweil in Amouren, Sex und Depression. Dann: Alicia Vikander. Enya. Riesenhirn. Der Kanadier Guy Maddin, seines Zeichens Experimentalfilmer und der Ästhetik des Stummfilms verhaftet, hat gemeinsam mit Co-Regisseur Evan Johnson Genreperlen wie „The Forbidden Room“ verzapft. Für „Tanz der Titanen“, im Original: „Rumours“ - Gerüchte, haben sie ihren kreativen Weggefährten Galen Johnson mit im Boot und geben sich dabei weniger phantastisch als gewohnt, aber längst nicht geerdet. Bald weicht der Witz dem Irrwitz. Und spätestens jetzt (und nicht zum letzten Mal) mag man sich fragen: Was soll das? In seinem Mittelteil verheddert sich der Spaß, verliert den Rhythmus. Um schließlich am Ende zu einer großartigen finalen Phrase auszuholen. Also: sitzen bleiben!
Es gibt die unterschiedlichsten filmischen Ansätze, wie man auf eines der drängendsten Probleme der Menschheit im 21. Jahrhundert aufmerksam machen kann: die Zerstörung der Regenwälder im großen Stil. Pia Marais nähert sich in ihrem vierten Film „Transamazonia“ den Regenwäldern auf eine möglichst realitätsnahe Weise, indem der Großteil des Films vor Ort im Regenwaldgebiet Südamerikas gedreht wurde und die meisten der hier geschilderten Probleme den tatsächlichen Konflikten vor Ort abgeschaut sind. Dennoch hat auch Marais nicht komplett auf fantastische Elemente verzichtet und ein Mädchen (Helena Zengel) in den Mittelpunkt gestellt, das auf wundersame Weise Kranke heilen kann, was nun die Auseinandersetzungen befrieden könnte. Die Atmosphäre in den Regenwaldregionen Südamerikas (gedreht wurde in Brasilien und in Französisch-Guyana) ist sehr stimmig eingefangen und mit dem fiktiven Stamm der Iruaté liefert der Film auch den Indigenen und ihren Rechten ein überzeugendes Sprachrohr.
Eine iranische Menschrechtsaktivistin steht vor der Wahl: Flucht oder Gefängnis?Inspiriert zu ihrer fiktiven Geschichte „Sieben Tage“ wurden Drehbuchautor Mohammad Rasoulof – der kurz vor den Dreharbeiten aus dem Iran geflohen war – und Regisseur Ali Samadi Ahadi – der mit 12 Jahren das Land verlassen hatte – vom Schicksal der inhaftierten Menschenrechtlerin und Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi. Aber das ist nur der politische Hintergrund der kräfteraubenden Fluchtgeschichte und des berührenden Familiendramas, die durch das authentische Spiel von Vishka Asayesh eine Dimension bekommen, die weit über den vordergründigen Spannungseffekt hinausgeht. Ahadi, der sich ja schon in vielen Genres von der Komödie bis zum Animationsfilm versucht hat, macht aus seiner Protagonistin Maryam keine Überfrau, sondern zeichnet feinfühlig ihre inneren Widersprüche und ihre Verletzlichkeit.
Außerdem neu in den Ruhr-Kinos: die Doku „Barbara Morgenstern und die Liebe zur Sache“ von Sabine Herpich, das epische Drama „Caught by the Tides“ von Jia Zhangke, die erfrischende Gender-Doku „Wo/men“ von Kristine Nrecaj von Birthe Templin, das Nachkriegsdrama „Mein Platz ist hier” von Daniela Porto und Cristiano Bortone, der Agententhriller „Black Bag – Doppeltes Spiel“ von Steven Soderbergh und die Horror-Achterbahnfahrt „Final Destination: Bloodlines“.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Das Orchester spielt weiter
Die Filmstarts der Woche
Gegen den Strom
Dieter Krieg im Museum Küppersmühle – kunst & gut 06/25
Gemeinsam statt einsam
Teil 1: Lokale Initiativen – Wohnen für Senior:innen bei der Baugenossenschaft Bochum
Die Suche nach der Seele
„Rusalka“ in Düsseldorf – Oper in NRW 06/25
Neugier auf Neues
Johanna Summer und Malakoff Kowalski in Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 06/25
Wenn der Shareholder das Skalpell schwingt
… und der Patient zur Cashcow wird – Glosse
Ausgefallene Begegnung
Herbert Grönemeyer dirigiert in Bochum und Essen – Klassik an der Ruhr 06/25
„Wo Regelmäßigkeit anfängt, sollte Nachbarschaftshilfe aufhören“
Teil 1: Interview – Architektin Ulrike Scherzer über Wohnen im Alter
Kahlschlag in der Freien Szene
Massive Kürzungen der NRW-Kulturförderung drohen – Theater in NRW 06/25
Hartmut und Franz
Oliver Uschmann und sein Roman über das Verschwinden von Kafka – Literaturporträt 06/25
Senioren und Studenten müssen warten
Das Wohnprojekt Humanitas Deventer verbindet Generationen – Europa-Vorbild: Niederlande
Ein Leben, das um Bücher kreist
„Roberto und Ich“ von Anna Katharina Fröhlich – Textwelten 06/25
Ein Leuchtturm für Demokratie und Menschenrechte
Eröffnung des Bochumer Fritz Bauer Forums – Spezial 06/25
„Das Publikum ist verjüngt und vielfältig“
Opernintendant Heribert Germeshausen zum Wagner-Kosmos in Dortmund – Interview 06/25
„Moderne Technologien werden immer relevanter“
Die Leiterin der Kunstvermittlung des ZfIL Unna, Christiane Hahn, über die neue Jahresausstellung – Sammlung 06/25
Lustvolle Inspirationsquelle
Das Circus Dance Festival 2025 in Köln – Tanz in NRW 06/25
Tanz als Protest
„Borda“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 06/25
Mikrodramen vs. Spielfilm
Was können Kinos gegen die Schnipselflut tun? – Vorspann 06/25
Heimat statt Pflegeheim
Teil 1: Leitartikel – Seniorengerechtes Bauen und Wohnen bleibt ein Problem
„Da werden auch die großen Fragen der Welt gestellt“
Kirstin Hess vom Jungen Schauspiel Düsseldorf über das 41. Westwind Festival – Premiere 06/25
Geschichten einer Leidenschaft
Oskar Kokoschka mit den Porträts von Alma Mahler in Essen – kunst & gut 05/25
„Charaktere mit echten Biografien“
Oliver Uschmann über seinen Roman „Ausgefranzt“ – Literatur 05/25
Die Spielarten der Lüge
„Die ganze Wahrheit über das Lügen“ von Johannes Vogt & Felicitas Horstschäfer – Vorlesung 05/25
Morgenröte hinter KI-Clouds
Das Impulse Festival 2025 in Mülheim, Köln und Düsseldorf – Prolog 05/25
Lieber ins Meer springen
Slow Leaves im Düsseldorfer Zakk – Musik 05/25