Raimund Abraham muss eine beeindruckende Persönlichkeit gewesen sein. Der österreichische Architekt (1933-2010) hat radikale Bauten entworfen und für Konzepte gebrannt, die von zeitgenössischen Fragestellungen und utopischen Gedanken durchdrungen waren. Die Liste der nicht gebauten Gebäude ist länger als die der verwirklichten; immerhin sind die Korrespondenzen, Zeichnungen und Skizzen erhalten geblieben. Abraham pendelte zwischen Wien und New York, mit Professuren in den USA. Nach seinem Tod ist sein Nachlass an die Sammlung Marzona gegangen, und dadurch erst wurde die Ausstellung der Modelle, Zeichnungen und Entwürfe auf der Raketenstation bei Neuss-Holzheim möglich.
Der Ort, an dem sich mehrere Ausstellungsinstitute und die Museumsinsel Hombroich befinden, ist dafür prädestiniert. Hier steht das letzte Gebäude, das Abraham realisieren konnte: eines von nur zweien in Deutschland. Die Grundsteinlegung des „Hauses für Musiker“ fand 2006 statt, seit 2017 ist es als Veranstaltungsort mit seinen Wohneinheiten für Stipendiaten in Betrieb. Es ist schon aus der Ferne äußerst spektakulär und steht wie ein Palast oder ein Ufo am Rande der Landschaft. Der Rundbau aus Beton ist auf Frontalität und Symmetrie hin angelegt, mit Edelstahlrampen und Wendeltreppen im Wohntrakt und einem Innenhof für Konzerte. Abgeschlossen wird er mit einer Betondecke, die neigend und sich dabei verdünnend auf Stahlbetonsäulen aufliegt und zu schweben scheint. Zudem ist in sie ein riesiges Dreieck geschnitten, so dass sie sich zum Himmel öffnet, worin sich Abrahams Interesse für Astronomie und Astrologie widerspiegelt. Wenige Schritte davor, im Siza-Gebäude, findet nun die konzentrierte und dabei umfassende Ausstellung statt. Sie bezieht weitere Bauten und Konzepte ein und veranschaulicht beispielsweise, wie konsequent Abraham in den Boden, in die Horizontale oder in die Höhe gebaut hat. Dass in der Nachbarschaft die Langen Foundation die Sammlung Ringier und die Skulpturenhalle Werke von Reiner Ruthenbeck zeigen, macht den Besuch auf der Raketenstation erst recht attraktiv.
Raimund Abraham – Erdbeben der Stille | bis 2.11. | Siza-Pavillon auf der Raketenstation Hombroich, Neuss-Holzheim | 02182 887 40 00
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