Triangle of Sadness
Schweden, Deutschland, Frankreich, Großbritannien 2022, Laufzeit: 149 Min., FSK 12
Regie: Ruben Östlund
Darsteller: Harris Dickinson, Charlbi Dean Kriek, Dolly de Leon
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Die Kapelle spielte bis zuletzt
Matt513 (259), 06.11.2022
Hach, Gewinner der Goldenen Palme und ich – das wird in diesen Jahren wohl keine Liebesbeziehung mehr.
Immerhin, daß Ruben Östlund innerhalb von 5 Jahren diese sehr renommierte Auszeichnung, also zumindest war sie's mal, nun schon zum zweiten Mal gewinnen konnte, ist aller Ehren wert. Und gekonnt, mit einem originellen Drehbuch im Rücken, demaskiert er einmal mehr die moderne Gesellschaft. Oder besser, einen Ausschnitt davon. War es in Höhere Gewalt die junge Mittelschicht und in The Square das gesetzte Bildungsbürgertum, ist diesmal -frei nach SWR3- die Welt der Schönen, Reichen und der ganz schön Reichen dran.
Wie schon gehabt - rupft man dieses ganze verbale Zivilisationsgestrüpp zur Seite, kommen entlarvende Ansichten zum Vorschein. Der moderne, zivilisierte Mensch nämlich, er tickt allen anderslautenden Versicherungen zum Trotz im Grunde doch sehr simpel.
Eingangs will Carl 'mehr Gleichberechtigung' in der Beziehung mit Yaya, aber eigentlich sind beide bloß zu geizig zum Bezahlen der Restaurantrechnung. Die Crew wird eingeschworen, die Luxuskreuzfahrt magisch zu machen, aber ganz besonders die letzte Stunde, denn dann gibt’s das beste aller Trinkgelder. Der schnöde Zaster.ist und bleibt, worum es am Ende geht. Auf die Reise geht neben Yaya und Carl eine illustre Gesellschaft. Das nette arrivierte Seniorenpärchen, das sich über die Ächtung der UN ihres Geschäftsmodells, der Produktion von Handgranaten nämlich, ganz zerknirscht zeigt. Das Oligarchenpärchen, bei dem sich beweist, daß Geld alles mögliche, aber kein Format kauft. Der IT-Selfmademan; sozial verkümmert, aber reich. In Zeiten, wo Du auf Social Media alles, aber ohne nichts bist, garniert Östlund dies mit hübschen Versatzstückchen. Die ständige Pose für Insta geht über alles und ob die Influencerin das von ihr Ge-influencte gar nicht konsumiert, nun auf den Bildern merkt man das ja nicht.
Diesem exklusiven Prozent auf dem Sonnendeck steht eine unverhältnismäßige Zahl dienstbarer Geister unten in den Gedärmen des Schiffes gegenüber. Man versteht schon, hier geht es nur im Vordergrund um eine Schiffsreise. Maßlosigkeit über Nachhaltigkeit (Nutella? Fliegen wir ein!), Oberfläche über Inhalt, die Schere klafft, den wenigen, die feiern, stehen viele gegenüber, bei denen das gerade nicht angesagt ist. Kurzum, was hier vorgeführt wird, muß nicht auf den Kreis der Reichen beschränkt bleiben. Es geht auch als valide Gesamtbeschau der globalen Gesellschaft durch. Ein Sturm zieht auf. „Ich verkaufe Scheiße“ hatte der Oligarch Carl erzählt. Wenn er (und das Publikum) wüßte, wie nahe er bald seinem Geschäft ist.
Wie kam nun obiges Urteil zustande, also warum konnte mich dieser irrwitzige und präzise inszenierte Film nicht viel mehr begeistern?
Das Problem ist, daß die Zeitläufte Östlunds Film längst eingeholt haben, man also kaum noch Überraschendes und dann eben Unterhaltsames daraus gewinnt. Derselbe Film vor 10 Jahren, und man wäre irgendwo zwischen Grusel und Belustigung aus dem Kino gekommen. Heute nimmt der durch das Stahlbad täglicher Krisenmeldungen abgehärtete Besucher die heitere Apokalypse im Film deutlich sachlicher, ja nüchterner zur Kenntnis.
Am Ende ist der Film eine knappe halbe Stunde zu lang. Was sich im dritten Akt abspielt, ist zwar wichtig zu erwähnen für das Nachher unserer Gesellschaft, aber hätte auch kürzer erzählt werden können. Nun ja. Für kleines Geld am Kinotag gesehen; 'ist in diesen fordernden Zeiten ja auch was.
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