Irrlicht
Portugal, Frankreich 2022, Laufzeit: 67 Min., FSK 16
Regie: João Pedro Rodrigues
Darsteller: Mauro Costa, André Cabral, Margarida Vila-Nova
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Stilisierte Liebesfantasie
Feuerwehrmann werden
„Irrlicht” von João Pedro Rodrigues
Die Filme des Portugiesen João Pedro Rodrigues haben sich in den letzten Jahrzehnten zu echten Festivallieblingen entwickelt. Einige seiner Arbeiten hatten ihre Uraufführungen in Venedig („Das Phantom“), Cannes („To Die Like a Man“) oder Locarno („Der Ornithologe“), sein jüngster Film „Irrlicht“ feierte nun erneut in Cannes seine Premiere. Viele seiner Werke sind Kritikerlieblinge, da er eine sehr durchdachte, strenge Bildsprache pflegt und auch inhaltlich meist viel zu bieten hat. Beim Publikum indes haben es Rodrigues‘ Arbeiten eher schwer, weil er sich in ihnen häufig viel Zeit lässt und Geduld und Aufgeschlossenheit einfordert. Das ist nun auch bei „Irrlicht“ nicht anders, der aber ein vergleichsweise hohes Tempo vorweist und noch dazu mit einer guten Stunde Spielzeit nur halb so lang ist wie manch anderer Film des Regisseurs.
Dass ausgerechnet der feuerspeiende Drache Grisu Feuerwehrmann werden wollte, war das liebenswerte Kuriosum einer beliebten italienischen Zeichentrickserie aus den 1970er Jahren. Fast genauso absurd erscheint derselbe Wunsch den Eltern von Prinz Alfredo (Mauro Costa), dem aufgrund seiner Herkunft ein ganz anderer Lebensweg vorbestimmt ist. Dennoch setzt sich der junge Mann gegen die Vorbehalte seiner aristokratischen Eltern durch und absolviert die gewünschte Ausbildung. Einerseits möchte er im Zuge der Erderwärmung und der immer schlimmer grassierenden Waldbrände in Portugal seinen Beitrag dazu leisten, die Bäume, die er als Freunde betrachtet, zu schützen. Andererseits kommt es ihm gelegen, dass die Feuerwehrleute allesamt durchtrainierte junge Burschen sind, die mit Vorliebe Klassiker homoerotischer Kunst nackt in den Umkleideräumen nachstellen. Es dauert nicht lange, bis sich Alfredo in seinen erfahrenen Kollegen Afonso (André Cabral) verliebt.
„Irrlicht“ spielt in unterschiedlichen Zeiten (2011, 2022 und 2069) und zerfällt auch in mindestens drei Teile, die thematisch und inhaltlich ganz unterschiedlich gestaltet sind. Die ersten zwanzig Minuten und der Schluss sind stark stilisiertes Kunstkino, bei dem eher Stimmungen und Ansichten transportiert werden als eine nacherzählbare Handlung. Auch gesungen wird dabei immer mal wieder, zumal João Pedro Rodrigues seinen Film als „musikalische Fantasie“ verstanden wissen will. Im Zwischenteil, der in teilweise auch sehr expliziten Bildern die Liebesgeschichte zwischen den beiden jungen Männern abhandelt, ist es dem Filmemacher wieder gelungen, eine knisternde homoerotische Spannung aufzubauen. Für den Zuschauer also ein Wechselbad der Gefühle zwischen verkopfter Kunst und sinnlicher Erotik mit gutaussehenden Darstellern.
(Frank Brenner)
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