
Der kleine Nick
Frankreich 2009, Laufzeit: 90 Min., FSK 0
Regie: Laurent Tirard
Darsteller: Maxime Godart, Kad Merad, Valérie Lemercier, Sandrine Kiberlaine, Michel Duchaussoy
>> www.derkleinenick.centralfilm.de
Originelle Adaption der Kinderbuch-Klassiker
Geburtstagskerze
"Der kleine Nick" von Laurent Tirard
Gut ein halbes Jahrhundert ist es her, da erfand Zeichner Jean-Jacques Sempé gemeinsam mit "Asterix"-Schöpfer René Goscinny den "Kleinen Nick". Ein Junge aus einer französischen Stadt, der von seinem Leben, der Grundschule und seinen Eltern erzählt. Die beschwingten Geschichten, die Sempé mit seinen frechen, schlichten Schwarz-Weiß-Zeichnungen ergänzte, entwickelten sich international zum Bestseller für Groß und Klein. Eine Verfilmung indes blieb aus. Nun, zum runden Jubiläum, wagte sich Regisseur Laurent Tirard an den Stoff, und man möchte der Fügung danken, dass es erst jetzt dazu gekommen ist. Tirard entwirft einen frechen, nostalgischen Lausbubenreigen, den er farbenfroh in den 50er Jahren ansiedelt.
Es ist eine kunterbunte Welt, in der der kleine Nick (Maxime Godart) mit seinen Freunden die Schulbank drückt: der dicke Otto, der reiche Georg, der Loser Chlodwig, der starke Franz und Adalbert, Brillenschlange, Klassenbester und verhasste Petze. Als einer seiner Freunde einen kleinen Bruder bekommt und sich seine eigenen Eltern höchst merkwürdig verhalten, läuten beim kleinen Nick die Alarmglocken: Im Unterricht hört er die Geschichte vom kleinen Däumling, der von seinen Eltern im Wald ausgesetzt wird. Er fürchtet nun das gleiche Schicksal. Doch wozu hat man Freunde: Gemeinsam mit seinen Jungs gründet er einen Geheimbund und heckt einen Plan aus, wie man sich des Nachwuchses entledigen könnte, sobald er dem großen Bruder den Platz streitig macht. Bis es soweit ist, muss sich der kleine Held noch der gleichaltrigen Marie-Hedwig ("Sie ist hübsch, aber ein Mädchen") erwehren, dem Erziehungsminister die Aufwartung machen, Papis Chef milde stimmen und für eherne Ziele auch mal Zaubertrank ohne Zauber an den Mann bringen.
Innere Monologe des verträumten, aber ebenso ruhelosen Jungen ergänzen die ohnehin dialoglastige Komödie, die aber keine Minute anstrengt, auch wenn sie gegen Ende leicht die Richtung verliert. Mit comichaften Schlenkern und viel Liebe zum Detail schöpft Tirard aus den unzähligen Geschichten der Vorlage eine sorglose, aber äußerst abwechslungsreiche Welt, die, wie er sagt, bewusst unrealistisch ist, sich aber am Leben orientiert. Zur Schule gehen müssen, zanken, raufen, versöhnen und vor allem das hoffnungslose Bemühen, die Welt der Erwachsenen zu verstehen: Das bietet in dieser vor-digitalen Welt bereits Stoff genug für eine abendfüllende Geschichte. Die Jungdarsteller sind ausnahmslos trefflich besetzt, die Eltern (Kad Merad - "Willkommen bei den Sch'tis" und Valérie Lemercier - "Ein perfekter Platz") sprühen vor mackenhaftem Charme, väterlichem Witz und blinder Mutterliebe. Und der deutsche Komponist Klaus Badelt liefert einen inspirierten Soundtrack, der flott, melancholisch und lausbübisch durch die Genres streift. Ein äußerst gelungenes Szenario für Jung und Alt, das der Vorlage huldigt und die Zeichnungen von Sempé im Vorspann ehrt. Letzterer sagt übrigens zu diesem Jubiläumsbeitrag: "Der Film ist wohl so etwas wie die schönste Kerze auf dem Geburtstagskuchen." Dem ist nichts hinzuzufügen.
(Hartmut Ernst)

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